Oberbürgermeister-Wahl in Köln: Jochen Ott und Henriette Reker nehmen Stellung zu den Fragen der Handwerkskammer.Oberbürgermeister-Wahl in Köln
Am 18. Oktober wählen die Kölner ihren Oberbürgermeister (OB). Zur Wahl stellen sich Jochen Ott (SPD), seit 2010 Mitglied des Landtags, und die Kölner Beigeordnete Henriette Reker, Beide OB-Kandidaten hat die Handwerkskammer um ein Statement zu vier Themen gebeten: Städtische Auftragsvergabe, mittelstandsfreundliche Kommunalverwaltung, Gewerbeflächen, Konsolidierung des städtischen Haushalts.
Auftragsvergabe
Frage: Die Stadt Köln hat lange Zeit die beschränkte Ausschreibung als Vergabeform ausgeschlossen, jetzt hat der AVR im Juni für die Wiedereinführung dieser Vergabeform gestimmt. Welche Maßnahmen sehen Sie noch als geeignet an, die Handwerksbetriebe vor Ort/in der Region stärker an Bauaufträgen der Stadt Köln partizipieren zu lassen?
Jochen Ott: Als Oberbürgermeister möchte ich gerne beste Rahmenbedingungen für unser lokales und regionales Handwerk schaffen, um die gute Zusammenarbeit zu pflegen und auszubauen. Neben der Wahl der jeweils besten Vergabeart gehören für mich die regelmäßige Ausschreibung nach Fachlosen und die Vermeidung der Beauftragung von Generalunternehmern dazu. Dadurch erhalten auch die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe die Gelegenheit, sich an Ausschreibungsverfahren zu beteiligen.
Henriette Reker: Ich finde es gut, dass die Vertreter der mich unterstützenden Parteien CDU, Grüne und FDP für die Wiedereinführung der beschränkten Ausschreibung gestimmt haben. Das Handwerk lebt von Vergaben in kleinen Losen. Großaufträge, bei denen sie nur als Subunternehmen auftreten können, bergen die Gefahr des existenzgefährdenden Preisdumpings. Ich werde als Oberbürgermeisterin, überall wo möglich und sinnvoll, die Vergabe von kleinen Losen priorisieren.
Frage: Was halten Sie von ÖPP zur Realisierung kommunaler Bauvorhaben?
Jochen Ott: Die Voraussetzungen für die Realisierung kommunaler Bauvorhaben mittels ÖPP erfordern eine strenge Einzelfallprüfung und bislang haben wir in Köln variierende Erfahrungen gesammelt. Für mich kommen ÖPP-Projekte nur als Ausnahme unter strengen Voraussetzungen in Betracht. Auch bei der Frage über die Realisierung eines neuen Frischezentrums für Köln haben meine Partei und ich uns bereits eindeutig gegen eine eventuelle Realisierung als ÖPP-Betreibermodell ausgesprochen.
Henriette Reker: Wir haben hinlänglich Erfahrung mit ÖPP gesammelt und wissen: ÖPP ist kein Allheilmittel und oft nicht günstiger. Es kann aber im Einzelfall so große Vorteile geben, dass ich weiß, dass selbst die mittelstandsfreundlichste Oberbürgermeisterin ÖPP nicht kategorisch ausschließen kann.
Unbürokratische Kommunalverwaltung
Frage: Die RAL-Gütegemeinschaft Mittelstandsfreundliche Kommunalverwaltung hat 14 Kriterien für eine mittelstandsfreundliche Kommunalverwaltung aufgestellt. Zwei dieser Kriterien greifen wir hier auf. In wie vielen Werktagen sollten Ihrer Meinung nach Zahlungen von unstrittigen Handwerkerrechnungen seitens Ihrer Kommune erfolgen? Wie viele Werktage sind aus Ihrer Sicht ein angemessener Bearbeitungszeitraum für die bei Ihrer Kommune eingereichten Bauanträge?
Jochen Ott: Die Zielmarke der Gütegemeinschaft von 15 Arbeitstagen halte ich für erstrebenswert, halte aber auf dem Weg dorthin einen Zeitraum von 30 Kalendertagen für akzeptabel und realistisch. Die Erteilung von Baugenehmigungen dauert derzeit noch zu lange. Hier müssen wir im Sinne unserer wachsenden Stadt Genehmigungen zügiger erteilen, denn alle Beteiligten wollen ja, dass in Köln gebaut wird. Das dazu notwendige Personal haben wir im Haushalt 2015 berücksichtigt. Wenn die erforderlichen Unterlagen vollständig vorliegen, möchte ich gerne eine Bearbeitungszeit von maximal drei Monaten erreichen – den von der Gütegemeinschaft genannten Zeitraum von 40 Arbeitstagen halte ich für ambitioniert.
Henriette Reker: I have a dream! 15 Werktage nach Eingang einer Rechnung erhält der Unternehmer von der Stadt sein Geld. Nach 40 Werktagen erhält ein Handwerker eine Entscheidung über seinen Bauantrag. Dafür brauchen wir in Köln aber andere Voraussetzungen in der Verwaltung. So hat Köln immer noch kein einheitliches Kassen- und Abrechnungssystem, jede Verwaltungseinheit arbeitet vor sich hin und die Stadtführung hat keinerlei Überblick. Die Stadt muss hierfür endlich Geld in die Hand nehmen und ein einheitliches Kassensystem installieren, dann klappt es auch mit einer zügigen Bezahlung und Kontrolle. Für eine schnellere Bearbeitung von Bauanträgen bedarf es einer Zusammenfassung der Kompetenzen und Entscheidungsträger in der Verwaltung sowie einer besseren Personalausstattung.
Gewerbeflächen
Frage: Handwerksbetriebe benötigen Gewerbeflächen in der Größenordnung von rund 1.000 Quadratmetern und wegen der erforderlichen Kundennähe über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Wie kann die Stadt Köln Angebot und Nachfrage nach Gewerbeflächen für das Handwerk effektiv zusammenführen?
Jochen Ott: In unserer wachsenden Stadt sind die Flächen für Industrie, Gewerbe und Wohnen hart umkämpft. Wir müssen an einer Stelle den Überblick über vorhandene Flächen, etwaige Potentiale und Bedarfe haben; wir brauchen ein strategisches Flächenmanagement und die Weiterentwicklung des Gewerbeflächenbereitstellungskonzepts, in dem alle Flächenreserven für eine gewerbliche Nutzung – baureife und Flächen, die noch zu erschließen sind – erfasst werden. Die Einrichtung einer Flächentauschbörse könnte außerdem eine praktikable Möglichkeit ohne großen Aufwand sein.
Henriette Reker: Auch bei der Gewerbeflächenbewirtschaftung gilt: die Kölner Stadtverwaltung braucht dringend eine Entschlackung und Straffung der Entscheidungswege. Dafür bedarf es eines neuen Denkens in der Verwaltung, die von der Spitze ausgehen muss. Die Stadt muss hier ansässige Unternehmen pflegen und braucht eine Willkommenskultur für ansiedelungswillige Unternehmen. Das soll seinen Ausdruck finden in einem „Haus der Wirtschaft“, das räumlich getrennt von den Ämtern als Anlaufstelle zur Verfügung steht. Hier werden die Unternehmen unterstützt, beraten und Genehmigungen erteilt gegenüber unseren Kunden mit hoher Dienstleistungsbereitschaft und aus einer Hand. Das Herumirren auf Verwaltungsfluren muss der Vergangenheit angehören.
Haushaltspolitik
Frage: Nennen Sie bitte aus Ihrer Sicht vier vordringliche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Halten Sie die Privatisierung städtischer Gesellschaften außerhalb der Daseinsvorsorge für ein geeignetes Mittel zur Haushaltskonsolidierung? Planen Sie, die Gewerbe- und die Grundsteuerhebesätze anzuheben?
Jochen Ott: Ich halte es für unerlässlich, die Diskussion über Ziele und Prioritäten in unserer Stadt aufzugreifen. Nur so können wir unsere Stadt gestalten und gleichzeitig das Haushaltsdefizit verringern. In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch der Aufgabenkritik stellen. Für neue und zusätzliche Aufgaben, die uns von Landes- oder Bundesseite auferlegt werden, werde ich für eine auskömmliche Finanzausstattung kämpfen, zum Beispiel bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Weitere finanzielle Synergieeffekte können wir auch erzielen, wenn wir unsere Vorstellung von einer Metropolregion gemeinsam mit anderen realisieren. Ich möchte aber insbesondere die Einnahmeseite deutlich verbessern. Großes Potential gibt es auch bei den Einnahmen. Die will ich stärken – nicht erhöhen: Wenn wir zum Beispiel Wohnungsbauprojekte schneller abwickeln und so Investoren binden oder die Neugründung und -ansiedlung von Unternehmen vorantreiben, steigen unsere Einnahmen. In diesem Zusammenhang gilt es auch, die Wirtschaftsförderung weiter auszubauen. Auch in diesem Bereich müssen wir eine Willkommenskultur schaffen. Ob eine privatrechtliche Erledigung von Aufgaben außerhalb der Daseinsvorsorge eine zielführende und wirtschaftliche Alternative darstellt, bedarf einer jeweiligen Betrachtung im konkreten Fall. Eine Anhebung der Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze plane ich nicht. Gerade ein stabiler Gewerbesteuerhebesatz ist notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit Kölns zu sichern.
Henriette Reker: Die Stadt darf nicht länger auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Wir müssen die Haushaltsdefizite Schritt für Schritt abbauen und auf Dauer ohne neue Schulden auskommen. Dafür bedarf es eines Schulterschlusses von Rat und Verwaltung. Nur dann können Prioritäten gesetzt werden. Ohne klare Gesamtstrategie und eine darauf aufbauende Aufgabenkritik wird keine Konsolidierung gelingen. Auch hierfür bedarf es einer breiten Mehrheit im Rat. Köln darf nicht weiter mit neuen Großprojekten anfangen, ohne bestehende Großprojekte abgeschlossen zu haben. Hier braucht Köln eine Verschnaufpause, die eine seriöse Projektsteuerung garantiert. Eine effizientere Verwaltung als die, die Köln zur Zeit vorhält, wird auch weniger Geld kosten. Städtische Beteiligungen, die nicht zur Daseinsvorsorge gehören, sollen überprüft werden. Zudem bin ich gegen Steuererhöhungen bei der Gewerbe- und Grundsteuer, da sie nur unsere Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschaftsstandort belasten und ohnehin immer erst das letzte Mittel sein dürfen, wenn alle Effizienzpotenziale ausgeschöpft sind.