Hochrechnung der Handwerkskammer: Die Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn verlieren jährlich 240 Millionen Euro, weil ihre Firmenfahrzeuge im Stau stehen. Eine Umfrage zur Verkehrsbelastung im Frühjahr 2015 zeigt: Erheblich mehr Betriebe als noch im Jahr 2013 sind von sich verschärfenden Verkehrsproblemen betroffen. Die Handwerkskammer und das Straßenverkehrsamt der Stadt Köln haben mit der Erstellung eines Aktionsprogramms zur Verbesserung des innerstätischen Verkehrsflusses begonnen.Pro Jahr 240 Millionen Euro Verlust im Handwerk Köln/Bonn durch Stau
„Immer mehr Handwerker stehen immer länger im Stau“, fasst Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, die Ergebnisse der neuen Umfrage der Kammer zur Verkehrsbelastung in der Region Köln-Bonn zusammen. Bei dieser Umfrage, an der sich im März dieses Jahres rund 420 Handwerksunternehmen beteiligt hatten, teilten 35 Prozent der Betriebe mit, dass ihre Firmenfahrzeuge auf dem Weg zum Kunden mehrmals täglich im Stau stehen, vor zwei Jahren waren davon erst 23 Prozent der Betriebe betroffen.
Dieser negative Trend zeigt sich besonders bei den in Leverkusen ansässigen Handwerksbetrieben: Der Anteil der Unternehmer, deren Firmenfahrzeuge mehrmals täglich im Stau stehen, ist im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2013 von 31 auf 53 Prozent gestiegen. Auch für Kölner Handwerksbetriebe haben sich die Verkehrsprobleme erheblich verschärft, mehrmals täglich von Staus betroffen sind inzwischen 47 Prozent der Kölner Betriebe, vor zwei Jahren waren es erst 32 Prozent. Erheblich stärker belastet als vor zwei Jahren sind auch die im Rheinisch-Bergischen und im Rhein-Erft-Kreis ansässigen Unternehmen, Handwerksfirmen aus diesen beiden Kreisen sind vielfach für Kunden in den Großstädten entlang der Rheinschiene tätig und daher auf ein funktionierendes Verkehrsnetz angewiesen.
Dass sich die Wegezeiten verlängern, spüren vor allem die Unternehmen im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe. Die von den Staus verursachten Produktivitätsverluste beziffern die an der Umfrage der Handwerkskammer beteiligten Unternehmen auf rund sechs Millionen Euro jährlich, davon entfallen 2,8 Millionen Euro auf Betriebe des Ausbaugewerbes und 1,8 Millionen Euro auf Betriebe des Bauhauptgewerbes. Hochgerechnet auf „das gesamte Handwerk in unserem Kammerbezirk machen die Kosten, die aufgrund unproduktiver Zeiten durch Staus entstehen, rund 240 Millionen Euro aus“, beklagt Weltrich. Hierzu erläutert Maren Schleicher, Geschäftsführerin der Schleicher Gerüstbau GmbH (Swisttal, linksrheinischer Rhein-Sieg-Kreis), dass ihr Gerüstbauunternehmen Festpreise mit den Kunden vereinbart, daher können Kosten aufgrund neuer Stauvorfälle nicht an die Kunden weitergereicht werden. Die Schleicher GmbH beschäftigt 25 Mitarbeiter und setzt acht Lkws und einen Transporter ein.
Auch gemessen an den Staukosten je Betrieb zeigt sich die Verschärfung der Verkehrsprobleme seit 2013: Bei der Umfrage der Kammer vor zwei Jahren ergaben sich durchschnittliche Staukosten von 9.289 Euro je Betrieb, inzwischen sind es 14.855 Euro. Mit 19.511 Euro je Betrieb fällt die Kostenbilanz im Bauhauptgewerbe (Dachdecker-, Zimmerer-, Gerüstbaubetriebe, Straßenbau- und Hochbaufirmen) noch negativer aus.
Bei der Umfrage der Handwerkskammer wurden die Unternehmer auch um Bewertung der Vorschläge zur Stauvermeidung auf Autobahnen gebeten. An erster Stelle der von den Betriebsinhabern favorisierten Lösungsansätze steht die Freigabe des Standstreifens bei hohem Verkehrsaufkommen. Für fast ebenso wichtig halten die Betriebe die Beschleunigung der Fertigstellung von Autobahn-Baustellen, dort solle rund um die Uhr und auch an Wochenenden gearbeitet werden.
Eine Verbesserung des Verkehrsflusses auf innerörtlichen Straßen erhoffen sich die Firmenchefs von einer Modernisierung der Ampelanlagen und der Schaltung einer „grünen Welle“. Derzeit erörtert die Handwerkskammer mit dem Straßenverkehrsamt der Stadt Köln die für die Verbesserung des Verkehrsflusses geeigneten Maßnahmen, beispielsweise Anschluss aller Ampeln an einen modernen Verkehrsrechner, Verbesserung des Baustellenmanagements, Ausführung der Arbeiten von Ver- und Entsorgungsunternehmen außerhalb der Hauptverkehrszeiten, Eindämmung des Parkens in der zweiten Reihe bei neuralgischen Stellen im innerstädtischen Straßennetz. Die unterschiedlichen Ansätze zur Verbesserung des Verkehrsflusses „sollen zu einem gemeinsamen Aktionsprogramm der Stadt Köln und der Handwerkskammer zusammengeführt werden“, teilt Weltrich mit. Ein ähnliches Aktionsprogramm wolle die Kammer auch gemeinsam mit den Städten Bonn und Leverkusen auf den Weg bringen.