Bilanz 2016: Mehr Umsatz, weniger Meisterbetriebe und Existenzgründungen im Handwerk
Bilanz des Handwerks für das Jahr 2016: Mehr Umsatz, aber weniger Meisterbetriebe und weniger Existenzgründungen
Trends am Lehrstellenmarkt: Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge stieg um 1,9 Prozent, Zunahme des Ausländeranteils bei den Auszubildenden setzt sich fort
Weltrich lehnt die Einführung neuer Umweltzonen und die Verschärfung bei den bereits etablierten Umweltzonen ab
2016 war ein erfolgreiches Jahr für das Handwerk in der Region Köln-Bonn. Bei der Konjunkturumfrage der Handwerkskammer im vergangenen Herbst stuften 55 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut ein, das war der höchste Stand seit Einführung dieser Umfrage vor fast 40 Jahren. Im Vergleich zum Jahr 2015, als die Handwerksunternehmen ihren Umsatz um 2,8 Prozent ausweiten konnten, hat sich 2016 die Wachstumsrate nochmals gesteigert. So haben die Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn im vergangenen Jahr ihren Umsatz um 3,5 Prozent auf insgesamt 17,5 Milliarden Euro erhöht (diese Schätzung beruht auf vorläufigen Berechnungen, weil die Zahlen für die Umsatzentwicklung im vierten Quartal von 2016 noch nicht vorliegen).
Dabei kam vielen Handwerkszweigen zugute, dass sich 2016 die Kaufkraft der privaten Haushalte verbessert hatte. Das deutsche "Jobwunder" setzte sich im vergangenen Jahr fort, erneut ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gestiegen. Bau- und Ausbaubranchen profitierten von der Dynamik am Wohnungsmarkt, 2016 wurde bei den Baugenehmigungen für die Errichtung von Wohnungen eine zweistellige Zuwachsrate erreicht. Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, rechnet damit, dass sich auch in diesem Jahr der konjunkturelle Aufwärtstrend im Handwerk fortsetzen wird, allerdings auf etwas niedrigerem Niveau als 2016. Nach der Prognose der Handwerkskammer könnten die Unternehmen in diesem Jahr ein Umsatzwachstum von zwei bis zweieinhalb Prozent schaffen.
Vorrangiges Ziel der Kammerarbeit ist es, dass sich der gute Wirtschaftsverlauf in den Handwerksbranchen auch positiv auf die Entwicklung am Lehrstellenmarkt auswirkt. Zwar lag die Gesamtzahl der Ausbildungsverhältnisse am Jahresende 2016 (= 12.173 Lehrlinge) um 0,9 Prozent niedriger als am Jahresende 2015. Doch im Laufe dieses Jahres ist mit einer Trendwende zu rechnen, da 2015 und 2016 die Zahl der im jeweiligen Kalenderjahr neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse gestiegen ist, im vergangenen Jahr um 1,9 Prozent auf 4.676 neue Ausbildungsverträge.
"Auch dank intensiver Nachwuchswerbung unserer Kammer hat sich in den letzten vier Jahren der Anteil der Auszubildenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit kontinuierlich erhöht, von 8,6 Prozent Ende 2013 über 10,1 Prozent Ende 2015 auf inzwischen 11,4 Prozent", hob Weltrich hervor. Nach seiner Einschätzung lohnt es sich auch, dass das Handwerk verstärkt um Abiturienten wirbt. Sie machten am Jahresende 2016 bereits 18,7 Prozent aller Lehrlinge im Handwerkskammerbezirk aus (2015: 17,2 Prozent). Nur geringfügig hat sich die Zahl der Ausbildungsverhältnisse mit jungen Frauen erhöht, ihr Anteil stieg von 21,0 Prozent Ende 2015 auf inzwischen 21,3 Prozent.
Erstmals seit 14 Jahren ist die Gesamtzahl der bei der Handwerkskammer registrierten Selbstständigen gesunken, um 0,7 Prozent auf 33.408 (Minus von 228 Betrieben). Dieser moderate Rückgang betrifft die zulassungspflichtigen Handwerksberufe und die handwerksähnlichen Gewerbe, hingegen stieg der Betriebsbestand in den zulassungsfreien Handwerksberufen um 177 auf 9.392 Selbstständige. In den Jahren zuvor war der Zuwachs in dieser Gewerbegruppe deutlich höher ausgefallen.
Die Zahl der Betriebe in den zulassungspflichtigen Handwerksberufen (sogenannte Meisterbetriebe) ist um 275 auf 17.697 zurückgegangen (Minus von 1,5 Prozent). Am Arbeitsmarkt sind Fachkräfte gefragt, daher haben Handwerksmeister, die sich nicht selbständig machen wollen, sehr gute Aussichten auf eine Beschäftigung als Arbeitnehmer, in nicht wenigen Branchen sogar mit übertariflicher Entlohnung. Der Weg in die Selbstständigkeit verliert daher teilweise an Attraktivität: Für die Meisterberufe (zulassungspflichtige Handwerksberufe) gingen bei der Handwerkskammer im Jahr 2016 nur noch 903 Eintragungen ein, während es 2013/2014 noch jeweils deutlich mehr als eintausend Neueintragungen waren. Das Motiv, mit der Existenzgründung der Arbeitslosigkeit entgehen zu wollen, hat inzwischen an Bedeutung verloren.
Auch 2016 hat sich der Strukturwandel im Bäcker-und Fleischerhandwerk fortgesetzt, in beiden Berufen ging die Zahl der Betriebe zurück. Ebenfalls in den meisten Bau- und Ausbauberufen reduzierte sich im vergangenen Jahr die Zahl der Unternehmen (beispielsweise Minus von 18 Dachdeckerbetrieben, Minus von 34 Elektrobetrieben, Minus von 45 Maurer- und Betonbauerbetrieben). Gemessen an der Zahl der Selbständigen nehmen die Friseure mit 2.928 Eintragungen (Minus von 34 Betrieben) weiterhin den ersten Platz unter allen Meisterberufen ein.
Bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2016 verwies Weltrich auf einige Risiken für den Wirtschaftsverlauf des Handwerks in diesem Jahr. So ist in der Region Köln-Bonn eine nochmalige Verschärfung bei der ohnehin problematischen Verkehrssituation zu befürchten. "An der Vielzahl der Baustellen auf den Hauptverkehrswegen kann niemand etwas ändern. Aber das Baustellenmanagement muss auf allen Ebenen - Kommune, Regierungsbezirk, Land - spürbar besser werden." Große Sorgen bereiten dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zudem die Bestrebungen, für weitere Innenstädte, beispielsweise in Leverkusen und Overath, Umweltzonen einzurichten. Eine Verschärfung der Zufahrt zu den bereits bestehenden Umweltzonen in Köln und Bonn, beispielsweise der Ausschluss von Dieselfahrzeugen, würde den in den Innenstädten tätigen Handwerksunternehmen "enormen Schaden zufügen", so Weltrich.