Lesen Sie den aktuellen Wollseifer-Blog: hier erfahren Sie, welche Themen in der Politik vorbereitet und mit uns als einer der vier wichtigsten Wirtschaftsverbände diskutiert werden.Blog von Hans Peter Wollseifer (25)
Liebe Mitgliedsbetriebe,
die Vorweihnachtszeit ist politisch leider wenig besinnlich. Noch immer herrscht Enttäuschung über das Scheitern der Jamaika-Sondierungen. Mit dieser neuen Regierungskonstellation hätten wir gut leben können. Leider haben sich die Verhandlungen im parteipolitischen Klein-Klein verloren, statt die großen Linien für die Zukunft zu ziehen. Und nun? Eine Minderheitsregierung, bei der die Regierung für jedes Gesetzesvorhaben um Mehrheiten kämpfen muss? Oder doch wieder eine Neuauflage der Groko - da weiß man wenigstens, was man hat. Im Grunde haben wir jetzt die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ein Königsweg zeichnet sich nicht ab. Alles in Allem ein schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland als starke Wirtschaftsnation in Europa.
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Groko ja, aber nicht um jeden Preis
Noch gab es keine Gespräche, aber schon jetzt wabert das Gespenst einer Bürgerversicherung durch die Reihen. Wenn die kommt wird’s für alle teuer. Auch einen höheren Spitzensteuersatz zur Finanzierung von Entlastungen für mittlere Einkommen sehe ich kritisch. Das würde unsere Betriebe enorm treffen, denn die meisten sind Einzelunternehmen oder Personengesellschaften. 60.000 Euro Gewinn sind schnell erreicht, und die unterliegen dann immer dem Spitzensteuersatz. Auch jede Steigerung der Sozialbeiträge ist Gift für unsere Betriebe. Die 40-Prozent-Marke darf keinesfalls überschritten werden. Und überhaupt: Aus den vollen Steuer- und Sozialkassen muss mehr in die Portemonnaies der Beschäftigten fließen. Die sogenannte kalte Progression und der Soli-Zuschlag müssen endlich weg. Deutschland wird wirtschaftlich nur dann Spitze bleiben, wenn keine weiteren Hürden aufgestellt und der Wirtschaft keine neuen und zusätzlichen Lasten aufgebürdet werden.
Gleichwertigkeit der Bildungswege
Moderne und gut ausgestattete Bildungseinrichtungen sind entscheidend für die Zukunft. Mit Blick auf die Fachkräfte-Sicherung rufe ich zu mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung gerade bei der finanziellen Förderung auf. Wir brauchen einen Berufsbildungspakt, der auch die Berufsschulen stärkt, damit die Jugendlichen auf dem neuesten Stand ausgebildet werden. Das bedeutet eine bessere Ausstattung und mehr Lehrer. Aber auch unsere Bildungsstätten des Handwerks, die die überbetriebliche Ausbildung und die Weiterbildung sichern, müssen besser ausgestattet werden. Und schließlich sollte die Meisterausbildung stärker unterstützt werden. Bislang muss der Meisterschüler seine Kurse selbst bezahlen und bekommt über das Meister-BAföG allenfalls eine Kostenbeteiligung von 40 Prozent. Für eine echte Gleichwertigkeit muss das auf 100 Prozent angehoben werden. Damit nicht nur jeder in Deutschland studieren, sondern auch jeder Meister werden kann. Es kann nicht sein, dass jemand seinen Meister nicht macht, nur weil ihm die finanziellen Mittel dazu fehlen.
Mut zur Meisterqualifikation
In diesem Jahr haben wir uns erfolgreich gegen Angriffe auf den Meisterbrief aus Brüssel gewehrt. Wir haben der EU-Kommission gezeigt, dass die deutsche Politik hinter dem Handwerk steht. Jetzt haben wir mit Brüssel Kompromisse gefunden, die absichern, dass man bei uns in 41 Berufen den Meisterbrief benötigt. Sie müssen allerdings noch vom Europaparlament bestätigt werden. Der Meister ist sehr wichtig. Er ist ein Gütesiegel und ein identitätsstiftendes Element im Handwerk. Aber es reicht nicht, den Meisterbrief nur weiter zu schützen. Was ist mit der Meisterpflicht in den deregulierten Berufen? Bei uns sind von 94 Berufen 53 dereguliert worden. Mit der Folge, dass jeder ohne irgendeine Qualifikation sich selbstständig machen kann. Keiner braucht einen Meisterbrief oder Gesellenabschluss mehr. Und jetzt haben wir viele ungelernte, unqualifizierte Leute, die etwa Fliesen verlegen. Klar, dass da die Qualität auf der Strecke bleibt. Es gibt eine Vielzahl von Soloselbstständigen, die nicht ausbilden und nicht qualifizieren. Alles in allem ist diese Entwicklung schlecht für das positive Image des deutschen Handwerks. Nun wird versucht das Rad wieder zurückzudrehen. Eine Planungsgruppe aus dem Handwerk wird sich mit dem komplexen Thema befassen und den Prozess mit Fingerspitzengefühl begleiten, selbstverständlich europafest und verfassungskonform. Das Ziel muss aber eine Reform sein, die das Handwerk nicht gegeneinander ausspielt. Der Erfolg dieser Herzensangelegenheit vieler Handwerker hängt also davon ab, ob es uns gelingt mit einer Stimme sprechen.
Sinn oder Unsinn in Köln
Wer von unseren Betrieben schon einmal Kontakt mit der Kölner Wirtschaftsförderung hatte, der weiß: Da war noch viel Luft nach oben, vor allem was die Belange von kleinen und mittleren Unternehmen betrifft. Nun liegen Pläne zur einer Neuorganisation auf dem Tisch. Die Kölner Stadtverwaltung will das Amt für Wirtschaftsförderung in eine GmbH auslagern und Großunternehmen als Gesellschafter dafür gewinnen - im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft, kurz ÖPP. Das lehnen wir aus mehreren Gründen ab: erstens geht es wieder um eine an Großunternehmen ausgerichtete Politik. Zweitens verstößt eine finanzielle Beteiligung von Unternehmen an einer Wirtschaftsförderung gegen Compliance Regeln. Wenn nur noch Großunternehmen den Takt vorgeben, bleiben kleine und mittelständische Betriebe auf der Strecke. Das ist mit uns als Mittelstandskammer nicht zu machen. Wirtschaftsförderung ist eine Pflichtaufgabe der Kommune und muss neutral aufgestellt sein. In einer Allianz mit DGB, Handelsverband NRW, der Kreishandwerkerschaft und uns von der Kölner Handwerkskammer, fordern wir eine unabhängige und neutrale Wirtschaftsförderung. Bei einer Ausgliederung in eine GmbH muss diese eine hundertprozentige städtische Tochter sein, mit einem wirtschaftlichen Beirat, der auch die Belange des Mittelstands im Auge hat. Am besten wäre eine eigene Abteilung für das Handwerk. Viele Gespräche hat unsere Kammer geführt und erfreulich ist, dass nun die Kölner CDU und das Bündnis90/Die Grünen unsere Forderung übernehmen und ÖPP-Modelle für die Kölner Wirtschaftsförderung ablehnen. Für die SPD kommt eine GmbH überhaupt nicht in Frage. Schade, dass nur die FDP an einer ÖPP-Lösung festhält. Kurz vor Weihnachten soll der Rat entscheiden.
Wie sehen Sie das? Ich freue mich auf Ihre Meinung.
Schreiben Sie mirwollseifer-blog@hwk-koeln.de
Ich wünsche Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Lieben. Kommen Sie gut ins neue Jahr - mit Mut und Schwung!
Herzlichst
Ihr Hans Peter Wollseifer