Blog
Rudolf Wichert
Hans Peter Wollseifer

Fachkräfte von morgen: warum Studienaussteiger eine gute Wahl fürs Handwerk sind. Schädliche Steuerschraube: warum die Erhöhung der Grunderwerbssteuer ein Irrweg ist. Frust im Stau: wir kämpfen gegen die Ignoranz der Behörden, damit der wirtschaftliche Schaden fürs Handwerk nicht noch größer wird.Blog von Hans Peter Wollseifer (4)

Liebe Mitgliedsbetriebe,

Scheitern ist keine Schande. Scheitern ist oft die Gelegenheit für eine zweite Chance.

Mehr Studienabbrecher ins Handwerk

Fast 30 Prozent aller Studierenden gibt ihr Studium auf. Das sind 60.000 bis 75.000 Abbrecher pro Jahr bundesweit. Gleichzeitig fällt es den Betrieben immer schwerer für die freien Ausbildungsplätze geeignete Bewerber zu finden. Zusammen mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka werbe ich dafür, möglichst viele Studienaussteiger für das Handwerk zu gewinnen. Sie gehören ja schon zu den Leistungsstärkeren der Gesellschaft und sind deswegen für das Handwerk sehr interessant. Durch den technologischen Wandel steigen die Anforderungen in vielen Berufen immer stärker und somit auch die Karrierechancen für Besserqualifizierte. Noch aber fällt es den meisten Betrieben schwer, Studienaussteiger einzustellen. Ich kenne aber viele Kollegen, die bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Es wäre schön, wenn das Handwerk sich mehr öffnet für diese jungen Menschen. Sie sind die Fachkräfte von morgen. Damit Studienabbrecher nicht unnötige Warteschleifen an der Uni drehen, müssen sie schnell mit Unternehmen zusammen finden. Da wollen wir Vorreiter sein: Unsere Kammer hat jetzt eine eigene Initiative mit der größten Uni Deutschlands gestartet. Zum ersten Mal werden Ausbildungsberater der Kammer gemeinsam mit Studienberatern in der Uni Köln über die Chancen und Möglichkeiten im Handwerk informieren. Zudem wollen wir, dass Leistungen, die im Studium erworben wurden, auch in der dualen Ausbildung angerechnet werden. Wünschenswert wäre allerdings, wenn auch schon an Gymnasien über die Möglichkeiten einer beruflichen Bildung informiert wird. Da gibt es meiner Meinung nach noch großen Nachholbedarf um den fatalen Trend zur Akademisierung zu stoppen. Wenn die Entwicklung sich so fortsetzt, haben wir bis 2030 drei Millionen Akademiker mehr, aber eine Million Fachkräfte weniger.

Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist ein Irrweg

Die Notwendigkeit der energetischen Gebäudesanierung und die damit zusammenhängende Forderung nach steuerlicher Abschreibung, das war ein großes Thema in meinem letzten Blog. Da sind wir politisch auch schon auf einem guten Wege. Und jetzt der Rückschlag aus Düsseldorf: die Grunderwerbsteuer in NRW wird erhöht, von 5 auf 6,5 Prozent. Das ist die 2. Erhöhung innerhalb von drei Jahren – aus meiner Sicht schlicht maßlos und angesichts der weiter hohen Steuereinnahmen im Land nicht zu rechtfertigen. Eine Anhebung der Grunderwerbsteuer katapultiert unser Bundesland an die Spitze der Steuerbelastungen. Ein trauriger Spitzenplatz. Eine weitere Belastung für unsere Handwerksunternehmen, die uns im Vergleich zu anderen Bundesländern zurückwirft. Darüber werde ich mit Wirtschaftsminister Garrelt Duin im Rahmen der Handwerkstage – NRW in Köln sprechen. Mal sehen, wie er das beurteilt. Ich sehe schwarz, wenn noch weiter an der Steuerschraube gedreht wird. Junge Familien werden sich die Mehrbelastung von 30 % nur schwer leisten können. Denn, was gern mal verschwiegen wird: Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer bezieht sich nicht nur auf den Wert des Grundstücks, sondern auch auf den Wert der Immobilie. Wer beispielsweise ein Haus aus den 70ern kauft, der müsste eigentlich gebäudeenergetisch sanieren. Aber wovon? Durch die Anhebung der Steuer wird den neuen Besitzern das Geld für eine klimafreundliche Sanierung aus der Tasche gezogen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz: die vielbeschworene Klimapolitik der Landesregierung wird durch diese Steuerpolitik unglaubwürdig.

Stausituation wird immer dramatischer

Ständig stehen die Mitarbeiter unserer Betriebe im Stau auf dem Autobahnring rund um Köln. Das kostet nicht nur Nerven, sondern auch richtig Zeit und jede Menge Geld. 150 Millionen Euro jährlich gehen allein dem Handwerk im Köln-Bonner Raum verloren. Der gesamtwirtschaftliche Schaden in der Region liegt noch viel höher. Ich habe von Mitgliedsbetrieben gehört, dass sie in bestimmten Gegenden von Köln keine Aufträge mehr annehmen, weil die Mitarbeiter zu oft und zu lange im Stau stehen. Das muss man sich mal überlegen, was das für den Wirtschaftsstandort Köln bedeutet! Hier hat sich das Baustellenmanagement des Landes völlig verfahren – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Landesbetrieb StraßenNRW lässt seit zwei Monaten im Übergang von der A4 auf die A3 die Lärmschutzwände erneuern -- im schleppenden Ein-Mann Betrieb! Warum müssen gerade jetzt, wo der Tunnel Kalk saniert wird und die Leverkusener Brücke nur eingeschränkt nutzbar ist, auch noch Maßnahmen am Heumarer Dreieck durchgeführt werden? Das alles erzeugt doch zusätzliche Staus. Die Erklärung von StraßenNRW kann ich nicht nachvollziehen. Danach gehen öffentliche Fördergelder vom Bund verloren, wenn sie nicht bis Endes Jahres abgerufen werden. Angesichts des enormen wirtschaftlichen Schadens für unsere Wirtschaft kann es nicht allein darauf ankommen. Für mich zeigt die Einrichtung dieser Schlafbaustelle deutlich, mit welcher Ignoranz die Verantwortlichen handeln. Die Situation der Autofahrer und der Wirtschaft scheinen ihnen ganz offensichtlich egal zu sein. Auch die Arbeit in der Verkehrskonferenz der Bezirksregierung Köln, die sich bemüht die Baustellen aufeinander abzustimmen, wird torpediert. Kein Wunder, dass unsere Handwerker in der Region sich vom Düsseldorfer Verkehrsministerium in ihren Sorgen nicht ernst genommen fühlen. Wir fordern, die Baustelle am Heumarer Dreieck abzubauen und den Austausch der Lärmschutzwände zu verschieben. Da werden wir als Kammer nicht locker lassen. Immerhin zeigt sich ein erster Erfolg unseres Protests: die Baustelle soll auf das notwendige Mindestmaß verkürzt werden. Gut so. Denn wir wollen am Ende im Handwerk nur eines: unseren Job machen und nicht sinnlos im Stau stehen.

Wie ist Ihre Meinung? Schreiben Sie mir unter wollseifer-blog@hwk-koeln.de

P.S.: Gemeinsam können wir erreichen, dass sich etwas an der katastrophalen Verkehrssituation ändert. Deshalb: teilen Sie uns mit, wenn Sie sich über Staus aufregen, die vollkommen überflüssig sind. Melden Sie sich, wenn Ihnen Schlafbaustellen oder andere Hindernisse durch unsinnige Verkehrsführung oder Absperrungen auffallen. Unsere Kammer sammelt Informationen über Verkehrsärgernisse. Unser Ziel ist klar. Verhinderung von vermeidbaren Staus. Für eine starke Wirtschaft. In der ganzen Region.

Freue mich auf Ihre Post,
Herzlichst Ihr
Hans Peter Wollseifer