Handwerk gegen Umweltzone in Overath
Handwerk gegen Umweltzone in Overath:
Einschränkungen für die Wirtschaft, aber keine saubere Luft
Die Handwerkskammer und die Kreishandwerkerschaft sprechen sich gegen die Einrichtung einer Umweltzone in Overath aus. Overath hat in der Hauptstraße seit fast einem Jahrzehnt ein Stickoxidproblem. Der Grenzwert von 40 µg/cbm Stickstoffdioxid (NO2) im Jahresmittel wird überschritten. Anders als in vielen Großstädten ist in Overath aber eine über die Jahre abnehmende Tendenz der Schadstoffkonzentration festzustellen. In 2010 lag die NO2-Konzentration noch bei 53 µg/cbm und in 2015 nur noch bei 45 µg/cbm. Dennoch sieht die Bezirksregierung Köln weiteren Handlungsbedarf und will die Einrichtung einer "grünen" Umweltzone anordnen. Inkrafttreten soll diese Zone nach Vorstellungen der Bezirksregierung bereits am 1. April 2017. Dann kämen nur noch Kraftfahrzeuge mit grüner Umweltplakette ins Overather Stadtzentrum.
"Umweltzonen wirken bei der Minderung von Stickstoffdioxid, wenn überhaupt, nur minimal. Dazu gibt es zahlreiche Expertenmeinungen, Gutachten und auch Praxiserfahrungen. Umweltzonen belasten aber erheblich die Wirtschaft am Standort", betont Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. Er blickt dabei auf die negativen Erfahrungen mit Fahrverboten bei der Einführung von Umweltzonen in Köln und Bonn zurück. Hier gibt es trotz der Umweltzonen bei den Stickstoffdioxiden weiterhin zum Teil erhebliche Grenzwertüberschreitungen. "Wir haben seitens der Handwerkskammer schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass Umweltzonen zwar bei der Feinstaubbekämpfung helfen, aber bei Stickoxiden versagen. Auch die damals schon vorliegende Erkenntnis, dass die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen zu höheren Emissionen von Stickoxid (NOx) im Abgas führt, wurde von den zuständigen Behörden ignoriert", unterstreicht Weltrich. Die Handwerkskammer reagiert mit Unverständnis darauf, dass nach den Erfahrungen, die man in den letzten Jahren mit der Einrichtung von Umweltzonen gesammelt hat, jetzt in Overath der gleiche Fehler wieder begangen werden soll.
Marcus Otto, der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, spricht das aus, was auch die Kammer erwartet: "Die Umweltzone bringt Einschränkungen für die Wirtschaft in Overath, aber keine saubere Luft. Ich kann das Begehren der Overather Bürger, weniger NO2 in der Luft zu haben, verstehen, das will das Handwerk auch. Die Messergebnisse zeigen, dass die Schadstoffbelastung in Overath seit Jahren rückläufig ist. Die bereits ergriffenen Maßnahmen wirken also. Jeglicher Aktionismus ist daher kontraproduktiv."
Ulrich Miebach von der Miebach Haustechnik GmbH ist zwar selber auf Grund seiner aktuellen Kfz-Flotte nicht betroffen, weiß aber, dass viele Kollegen von einem Fahrverbot betroffen wären: "Viele Handwerker können dann die Innenstadt nicht mehr beliefern und auch keinen Notdienst mehr ausführen. Firmenfahrzeuge sind teuer und mit Sondereinrichtungen ausgestattet. Es ist vielen Kollegen nicht möglich, mal eben innerhalb von drei Monaten neue Fahrzeuge zu kaufen."
Die Handwerksorganisationen halten alternative Maßnahmen für zielführender und wirtschaftsverträglicher als eine Umweltzone. So müsse der Verkehr auf der Overather Hauptstraße verflüssigt werden. Änderungen in der Verkehrsführung, wie optimierte Linksabbiegespuren und eine Erweiterung des Kreisverkehrs um Direktabbiegespuren wären geeignete Maßnahmen. Wo keine Entflechtung von Linksabbiegern und Geradeausverkehr möglich sei, müsse auch über ein Linksabbiegeverbot nachgedacht werden. Als eine besonders wirksame Maßnahme sehen Kammer und Kreishandwerkerschaft die Realisierung der Ortsumgehung B484n. "Luftreinhaltung muss nachhaltig erfolgen. Eine leistungsfähige Umgehungsstraße ist die beste Lösung. Transit- und Zielverkehre werden schon außerorts entflechtet und die Hauptstraße muss nur noch den Verkehr aufnehmen, der dort hingehört. Dann gibt es bessere Luft und zugleich weniger Lärm", erläutern die Vertreter des Handwerks. Man werde sich deshalb vereint bei Bund und Land für einen schnellen Bau der Ortsumfahrung einsetzen. Weltrich und Otto sind sich sicher: "Wir werden dafür in der Wirtschaft weitere Mitstreiter finden."