"Mittelstandsfeindlich!" - Handwerkskammer rügt neue Vergabepraxis der Stadt Köln
Zum Anfang dieses Jahres hat die Stadt Köln die Art und Weise, wie sie ihre Bau- und Lieferaufträge vergibt, geändert. Das hat erhebliche Nachteile für die regionalen Handwerksbetriebe zur Folge. Die Stadt Köln gehört zu den bedeutendsten öffentlichen Auftraggebern in der Region. Viele kleine und mittelständische Kölner Unternehmen arbeiteten bisher für die Stadt. Doch darauf scheint die Stadt keinen besonderen Wert mehr zu legen. Und das, obwohl diese Betriebe vor Ort Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen, Gewerbesteuer zahlen, sich in Vereinen und Institutionen engagieren und letztlich mit den von ihnen und ihren Beschäftigten erzielten Einkünften auch selbst die örtliche Wirtschaft unterstützen.
Bisher hat die Stadt regionale Unternehmen direkt an Bauausschreibungen beteiligt. Dabei wurden gleichzeitig mehrere regionale Betriebe, aber abwechselnd immer unterschiedliche von der Stadt aufgefordert, ein Angebot abzugeben. Für die Stadt bestehen die Vorteile einer solchen "beschränkten Ausschreibung" zum einen darin, dass sie einen bekannten örtlichen Vertragspartner hat. Zum anderen bekommt sie dadurch überhaupt noch Angebote von Kölner Firmen. Denn bei bundesweiten öffentlichen Ausschreibungen geben die hiesigen Unternehmen oftmals gar kein Angebot mehr ab. Der Aufwand, dieses Angebot fachmännisch zu prüfen und seriös zu kalkulieren, ist im Hinblick auf das Risiko, durch einen Billiganbieter den Auftrag zu verlieren, viel zu groß.
Trotzdem hat die Stadt diese im Vergaberecht ausdrücklich vorgesehenen beschränkten Ausschreibungen aus ihrer Vergabepraxis gestrichen. Die für die örtlichen Betriebe zweckmäßigste Vergabeart, die beschränkte Ausschreibung, wird von der Stadt Köln nicht mehr durchgeführt und durch bundesweite öffentliche Ausschreibungen ersetzt. Der Präsident der Handwerkskammer zu Köln, Hans Peter Wollseifer, fordert die Fraktionsvorsitzenden der Kölner Ratsparteien deshalb auf, endlich zu handeln und dafür zu sorgen, dass städtische Aufträge auch wieder über beschränkte Ausschreibungen vergeben werden.
Die Handwerkskammer ist aber nicht nur der Ansicht, dass die neue Vergabepraxis unzweckmäßig und schädlich für die Kölner Wirtschaft ist. Die Kammer hält die strikte Ablehnung von beschränkten Ausschreibungen sogar für rechtswidrig. Deshalb hat sie den nordrhein-westfälischen Minister für Inneres und Kommunales, Ralf Jäger, eingeschaltet. Dieser soll als Rechtsaufsicht die Stadt wieder zu einer gesetzeskonformen Vergabepraxis bewegen.
Die aktuelle Vergabepraxis der Stadt verstößt gegen das Mittelstandsgesetz NRW und gegen das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW. Beide Gesetze haben das Ziel, mittelständische Betriebe zu fördern. Das Tariftreue- und Vergabegesetz spricht ausdrücklich davon, dass öffentliche Auftraggeber wie die Stadt Köln verpflichtet sind, auch kleine und mittlere Unternehmen bei beschränkten Ausschreibungen zur Angebotsabgabe aufzufordern. Außerdem konterkariert die Stadt Köln mit ihrem Verhalten die Förderziele der Landesregierung. Diese hat bereits mehrfach durch Erlasse den Anwen-dungsbereich für beschränkte Ausschreibungen erweitert.
Wollseifer: "Der Stadt Köln sind beschränkte Ausschreibungen nach eigener Aussage verwaltungstechnisch zu aufwändig. Merkwürdig ist nur, dass anderen Kommunen, wie zum Beispiel Leverkusen, das problemlos hinbekommen. Die Antwort der Stadtverwaltung, ihr sei das wirtschaftliche Wohlergehen der Kölner Handwerksbetriebe dennoch sehr wichtig, ist für uns deshalb ein bloßes Lippenbekenntnis."