Styropor-Entsorgung ist weiterhin ein großes Problem
Styropor-Entsorgung ist weiterhin ein großes Problem
Handwerkskammer appelliert an das Land um Unterstützung im Bundesrat
Der nordrhein-westfälische Landtag berät am 15.12.2016 ein zentrales Entsorgungsproblem von bundesweiter Bedeutung.
Vor allem Dachdecker und andere Baubetriebe haben erhebliche Schwierigkeiten wegen der seit dem 30.09.2016 geltenden Entsorgungsregelung von HBCD-haltigen Dämmstoffen. Durch die neue, aber unnötige Einordnung dieser Dämmstoffe als "gefährliche Abfälle" können die Betriebe diese Bauabfälle kaum noch entsorgen. Bauvorhaben stehen still. Neue Bauprojekte können nicht begonnen werden. Kundenanfragen können nicht beantwortet werden, denn eine Preisfindung für die Entsorgung der betreffenden Abfälle ist derzeit nicht möglich. Es können also keine neuen Bauverträge abgeschlossen werden. Die für laufende Bauverträge vereinbarten Entsorgungspreise sind nicht mehr auskömmlich, weshalb hohe wirtschaftliche Schäden drohen. Darüber hinaus können Umweltschäden entstehen, weil manche Betroffenen keinen anderen praktisch durchführbaren Weg als die vorschriftswidrige Entsorgung sehen.
"Auch wenn die möglichst umweltfreundliche Beseitigung problematischer Stoffe eine wichtige Zielsetzung ist, so muss sie aber überhaupt praktisch umsetzbar sein. Das ist bei den zur Zeit geltenden Entsorgungsregelungen und -gegebenheiten jedoch nicht der Fall", erklärt der Hauptgeschäftsführer der Kölner Handwerkskammer, Dr. Ortwin Weltrich.
Aus diesem Grund hatte Ministerin Hendricks auf eine entsprechende Bundesrats-Initiative hin von Beginn an angeboten, die Änderung der Abfallverzeichnisverordnung des Bundes, die mit Wirkung zum 30. September 2016 erfolgt ist, rückgängig zu machen. Das Handwerk hat diesen Vorschlag unterstützt, weil er der einzige vernünftige Weg zur Lösung der Entsorgungs-Krise ist.
Deshalb sollen die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Saarland, Berlin, Rheinland-Pfalz, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern angekündigt haben, bei der Bundesratssitzung am 16. Dezember einen entsprechenden Antrag zu unterstützen.
In Nordrhein-Westfalen hält entgegen anderslautender Berichte die Entsorgungs-Krise unvermindert an. Das Schreiben des NRW-Umweltministeriums vom 25.10.2016 an die Bezirksregierungen hat keine Entlastung gebracht.
Der Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich dem Vernehmen nach bei der Umweltministerkonferenz vergangene Woche gegen den Vorschlag von Frau Ministerin Hendricks ausgesprochen. "Unsere große Sorge ist, dass sich Nordrhein-Westfalen bei der Abstimmung im Bundesrat genauso verhält. Dies wäre jedoch sehr wirtschafts- und verbraucherfeindlich", so Dr. Weltrich.
Die Handwerkskammer hat deshalb alle Landtagsabgeordneten in ihrem Kammerbezirk angeschrieben und dringend gebeten, im Landtag parteiübergreifend dafür einzutreten, dass bei der Styropor-Entsorgung der Status Quo von vor dem 30.09.2016 wiederhergestellt wird und damit Nordrhein-Westfalen im Verbund mit der Bundesregierung einen Beitrag zur Entschärfung der Situation leistet.
Hintergrund:
Ursache der prekären Situation sind die deutsche Abfallverzeichnis-Verordnung vom 04.03.2016 (AVV), die europäische POP-Verordnung (EG) Nr. 850/2004 und die Verordnung (EU) 2016/460 vom 30.03.2016. Abfälle, die persistente organische Schadstoffe (sogenannte POP) enthalten, müssen so verwertet oder beseitigt werden, dass diese Schadstoffe zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden. Durch eine Änderung der AVV gilt Bauschutt, in dem das Flammschutzmittel HBCD enthalten ist, seit dem 30.09.2016 als gefährlicher Abfall, wenn der festgelegte Grenzwert von 1000 mg/kg überschritten wird. Für Polystyrol-Dämmstoffe wie Styropor, die mit HBCD behandelt wurden, darf deshalb nur eine spezielle Entsorgung in den wenigen dafür zugelassenen Anlagen stattfinden.
Europarechtlich verpflichtend ist diese Einstufung jedoch nicht. Die Bundesregierung hält eine Einstufung als Sonderabfall nicht für erforderlich (BT-Drucksache 18/4129, dort Fragen 30 und 31). Die thermische Entsorgung unter hoher Hitze im Rahmen von gemischten Bauabfällen reicht aus, um HBCD vollständig zu vernichten, und erfüllt alle EU-Vorgaben.
HBCD war das Standardflammschutzmittel für Polystyrol und ist durch das neue Flammschutzmittel Polymer FR ersetzt worden.