Blog von Hans Peter Wollseifer (18)
- Die Kritik der Oberbürgermeisterin Reker an der Kölner Stadtverwaltung finden wir berechtigt. Die Reformierung einer solchen Riesenbehörde wird nicht leicht. Es braucht einen langen Atmen, Know-How und Mut, den großen Tanker Stadtverwaltung mit seinen 17.000 Mitarbeitern und eingefahrenen Strukturen auf einen neuen Kurs zu bringen.
- Nachdem der Kompromiss schon zum Greifen nah war, geht der Erbschaftssteuerstreit in die Verlängerung. Nun laufen wir Gefahr, dass die Reform in den Wahlkampf rutscht und sich noch weiter verzögert. Die Reform der Erbschaftsteuer darf nicht zum Spielball der bevorstehenden Wahlen werden.
- Die Politik verspricht uns weniger Bürokratie bei Vergabeverfahren. Zum Beispiel das neue Best-Bieter-Prinzip. Nur noch derjenige, der den Zuschlag auch bekommt, soll nachweisen, dass er auch alle Anforderungen des Tariftreue- und Vergabegesetzes erfüllt. Ob das eine Erleichterung bringt, bezweifle ich.
- Heimlicher Gebührenhammer bei Lebensmittelkontrollen. Überprüfungen, die bisher kostenlos waren, müssen künftig von den Betrieben selbst bezahlt werden - auch saubere Betriebe müssen zahlen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Betriebe auf den Barrikaden sind.
Liebe Mitgliedsbetriebe,
mutige Menschen haben meinen Respekt. Denn Mut bedeutet, neue Wege zu gehen. Keine Angst zu haben, Missstände anzusprechen und starken Gegenwind auch mal auszuhalten. Den Mut hat unsere Kölner Oberbürgermeisterin, das muss man ihr lassen. Sie hat offen angesprochen, was in Köln definitiv nicht funktioniert: die Arbeit der Stadtverwaltung. Zu der Art ihrer Kritik kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber Henriette Reker scheut nicht ein heißes Eisen anzupacken.
Kölner Tatsachen, die schmerzen
Die Diskussion in Medien und Gesellschaft über unsere Stadtverwaltung reißt nicht ab. Die Behörde arbeite oft schwerfällig, umständlich und langsam. Kundenfreundlichkeit ein Fremdwort. Auch unsere Mitgliedsbetriebe können von dem großen Zeitaufwand bei Genehmigungsverfahren ein Lied singen. Deshalb sind auch wir der Auffassung, dass es höchste Zeit für eine Modernisierung der Verwaltung ist. Wir können uns das als Wirtschaftsstandort nicht mehr länger erlauben. Die Reformierung der Kölner Stadtverwaltung wird allerdings eine Herkulesaufgabe. Dazu bedarf es einer gehörigen Portion an Kraft und Mut, denn es wird nicht leicht, den großen Tanker Stadtverwaltung mit seinen 17.000 Mitarbeitern und eingefahrenen Strukturen auf einen neuen Kurs zu bringen. Die Oberbürgermeisterin hat die volle Rückendeckung der Kölner Handwerkskammer, was die Verbesserung zu mehr Mittelstandsfreundlichkeit in der Stadtverwaltung angeht. Auch die Forderung, Wirtschaft zur Chefsache zu machen, unterstützen wir. Allerdings darf es nicht nur bei einer Formalie bleiben. Entscheidend für eine gute Wirtschaftsförderung sind Kompetenz und Gestaltungswille. Den wünsche ich mir von den Verantwortlichen in Taten und nicht nur in Worten.
Erbschaftssteuerstreit geht in die Verlängerung
Der Kompromiss war zum Greife nahe: Die große Koalition hatte sich nach langem Ringen auf die Reform der Erbschaftssteuer geeinigt. Künftig sollten bei größeren Unternehmen Firmenerben nur verschont werden, wenn sie nachweisen, dass sie die Steuer nicht verkraften. Ab einem Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro je Erbfall würde eine Bedürfnisprüfung greifen. Wer die ablehnt und den Fiskus nicht in sein Privatvermögen blicken lassen will, kann ein "Abschlagsmodell" nutzen: Mit wachsendem Vermögen würde ein größerer Teil versteuert. Für Kleinbetriebe sollte die Bagatellgrenze strenger als bisher gefasst werden. Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern sind vom Nachweis des Arbeitsplatzerhalts befreit. Dies konnten wir durchsetzen, da man zunächst eine Befreiung nur für Betriebe mit bis zu drei Beschäftigten vorsehen wollte. Soweit so gut - aber daraus wird jetzt doch nichts. Es geht in die Verlängerung. Nach dem Bundestagsbeschluss stellten sich SPD, Grüne und Linke in der Länderkammer quer und riefen den Vermittlungsausschuss an. Sie halten die Verschonungsregeln für Firmenerben für überzogen und verlangen eine grundlegende Überarbeitung der Gesetzespläne. Nun haben wir Stillstand bis in den Herbst hinein und wir laufen Gefahr, dass die Reform in den Wahlkampf rutscht und sich noch weiter verzögert. Die Reform der Erbschaftsteuer darf nicht zum Spielball der bevorstehenden Wahlen werden. Wir brauchen schnell Rechtssicherheit, da bei zahlreichen Unternehmensübergaben auch im Handwerk langfristige Strategien entwickelt werden müssen.
Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Bei dem Bürokratie-Monster „Tariftreue- und Vergabegesetz“ hagelte es massive Kritik aus der Wirtschaft -- auch von unserer Kammer. Die vielen Formblätter, Erklärungen und Nachweise sowie die Dokumentations- und Kontrollpflichten hielten gerade kleine und mittelständische Unternehmen von einer Angebotsabgabe ab. Tatsächlich ist seit Einführung des TVgG 2012 die Anzahl der Wettbewerbsteilnehmer erheblich zurückgegangen. Ein Erfolgsmodell sieht also anders aus. Trotzdem möchte der Landesgesetzgeber an dem Gesetz festhalten. Es soll aber jetzt Änderungen geben. Man glaubt es kaum, die Politik verspricht uns weniger Bürokratie bei Vergabeverfahren. Zum Beispiel das neue Best-Bieter-Prinzip. Nur noch derjenige, der den Zuschlag auch bekommt, soll nachweisen, dass er auch alle Anforderungen des Tariftreue- und Vergabegesetzes erfüllt. Ob das eine Erleichterung bringt, bezweifle ich. Denn jedes Unternehmen, das sich um einen öffentlichen Auftrag bewirbt, muss alle Nachweise einholen, damit es im Falle des Zuschlags auch alle Unterlagen vorlegen kann. Ist doch logisch, oder? Gespannt bin ich auch, wie sich die Einführung eines neuen Siegel-Systems zur standardisierten Erbringung sämtlicher Nachweise gestaltet. Künftig soll das Gesetz nur noch auf Vergaben mit einem Auftragswert von über 20.000 EUR beschränkt werden; für die §§ 6 und 7 - das sind Berücksichtigung von Umweltvorgaben und Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen - soll der Schwellenwert jedoch lediglich 5.000 EUR betragen – das ist immer noch viel zu niedrig. Eine Erhöhung der Schwellenwerte für öffentliche Aufträge ist doch eine Win-Win-Situation: Wir sparen uns damit nicht nur teure und langwierige Verfahren, sondern setzen auch weiterhin einen wichtigen Wachstumsimpuls in die Region. Mein Fazit: Überregulierung schadet der Wirtschaft.
Protest wegen neuer Gebührenpflicht
Stellen Sie sich vor, Sie fahren an einem Radargerät vorbei und müssen zahlen, obwohl Sie nicht zu schnell gefahren sind! Klingt doch paradox, oder? Aber genau so macht es seit Juni
Verbraucherschutzminister Remmel. Er hat klammheimlich Gebühren bei Lebensmittelkontrollen für Metzgereien, Bäckereien, Konditoreien und Eisdielen beschlossen. Überprüfungen, die bisher kostenlos waren, müssen künftig von den Betrieben selbst bezahlt werden. Rund 120 Euro kostet es, wenn der Hygieneprüfer im Haus ist. Bisher waren nur Kontrollen gebührenpflichtig, für die der Betrieb selbst einen Grund geliefert hat. Nun müssen auch saubere Betriebe zahlen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Betriebe auf den Barrikaden sind. In einem Brief hat unsere Handwerkskammer Minister Remmel in Düsseldorf aufgefordert, die Einführung dieser neuen Gebühr rückgängig zu machen. Diese Abzocke führt in meinen Augen zu einer unverhältnismäßigen und nicht zumutbaren finanziellen Belastung der kleinen und mittleren Betriebe im Handwerk.
Eine neue Welt voller Hindernisse
In England backt man jetzt wieder seine eigenen Brötchen. Nicht nur in Bezug auf Zollstock und Messbecher. Mit ihrem Brexit aus der EU beenden die Briten die Freizügigkeit für Beschäftigte aus der EU. Sie erheben Zölle auf Waren und entwickeln neue Normstandards. Am Ende wird alles komplizierter. Hunderte Verträge müssen neu verhandelt und die geschäftlichen Beziehungen auf ganz neue Grundlagen gestellt werden. Zwei Jahre wird sich die Hängepartie der Verhandlungen mit der EU über den Austritt hinziehen. Das führt zur Verunsicherung der Märkte. Und Unsicherheit ist Gift für die Konjunktur - mit Folgen für unsere Wirtschaft. Ich bin ein großer Freund des europäischen Gedankens. Aber Brüssel darf nicht mehr arbeiten wie bisher. Es muss Verbesserungen geben, sonst verlieren immer mehr Menschen das Vertrauen in die Europäische Union. Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ muss die EU mit ihren Reglementierungen auch in der Lage sein, sich aus Bereichen rauszuhalten, z.B. bei der Frage nach der Binnenmarktstrategie. Warum ist ein hoher Qualifikationsstand wie unser Meisterbrief ein Hemmnis und muss abgewertet werden? Es darf nicht das Handwerk destabilisiert werden, um anderen auf dem deutschen Markt einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Qualifikation ist doch kein Wettbewerbshindernis! Wir sollten eher die Frage stellen, ob es künftig noch 27 (!) personell üppig ausgestattete EU-Kommissare mit 27 Generaldirektionen bedarf. Oder ob nicht ein Abbau dieser Verwaltungs-Überkapazität zu mehr Effizienz und Akzeptanz in einem gemeinsamen Europa führt.
Sie sehen, es gibt immer was zu tun, aber das Handwerk zeichnet sich dadurch aus, dass es Probleme anpackt und löst.
Ich packe jetzt meine Koffer, wünsche Ihnen schöne Ferien und freue mich auf Post von Ihnen unter wollseifer-blog@hwk-koeln.de
Herzlichst
Ihr
Hans Peter Wollseifer
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