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Rudolf Wichert
Hans Peter Wollseifer

Blog von Hans Peter Wollseifer (24)

Liebe Mitgliedbetriebe,
die schönste Zeit des Jahres ist nun leider wieder vorbei. Ich hoffe, Sie sind gut erholt aus dem Urlaub zurück. Jetzt geht’s auch für mich mit neuem Schwung  weiter – an die Arbeit und an die Politik.  Die nächste Wahl steht vor der Tür. Wir dürfen gespannt sein, wie sie dieses Mal ausgeht. Für mich als Kölner Kammer- und ZDH-Präsident sind auch im Bund vor allem die Belange des Handwerks und Mittelstands wichtig. Unsere wichtigsten Forderungen sind:

1. Runter mit  Steuern und Lohnzusatzkosten

Die sozialen Sicherungssysteme müssen zwar tragfähig bleiben, aber gleichzeitig dürfen  diejenigen, die das System finanzieren, nicht übermäßig belastet werden. Die Schmerzgrenze von 40 Prozent bei den Sozialabgaben ist aber erreicht. Das ist unsere Deadline, die nicht überschritten werden darf. Hohe Steuern und Sozialabgaben  mindern  die Investitionskraft unserer Handwerksbetriebe. Unsere Betriebe müssen  wettbewerbsfähig bleiben.  So ist auch eine Vermögenssteuer mit uns nicht drin.  Auch die sogenannte "kalte Progression" im Steuersystem wirkt wie eine Steuererhöhung. Wenn eine Regierung also verspricht, keine Steuererhöhungen vorzunehmen, dann muss sie die kalte Progression korrigieren. Ein weiterer Dorn im Auge ist mittlerweile der Soli-Zuschlag. Er  muss weg und zwar nicht nur für  Geringverdiener, sondern auch für die mittleren und höheren Einkommen. Eine Zwei –Klassen-Gesellschaft kommt für das Handwerk nicht in Frage. Hier fordern wir einen klaren Fahrplan für den Soli-Abbau, der alle entlastet.  Die Politik muss den kommenden Generationen  ein funktionsfähiges und stabiles System übergeben.

2. EEG Umlage ist ungerecht

Ein weiteres Problem  für das Handwerk ist die EEG Umlage, die  zu Lasten des Mittelstandes und der Privathaushalte geht. Während große Industriebetriebe, denen die Umlage weniger schaden würde, von der Umlage befreit sind, müssen alle anderen zahlen.  Unsere Betriebe erwarten, dass diese Kosten gerecht, fair und für alle bezahlbar verteilt werden.  Aus diesen Gründen fordern wir eine Umstellung der Finanzierung der Energiewende auf Steuermittel aus dem Bundeshaushalt. Wir fordern auch unverändert steuerliche Anreize zur energetischen Gebäudesanierung. Ansonsten werden wir die selbstgesteckten Klimaziele nicht erreichen können.

3. Schnelles Internet für erfolgreiches Handwerk

Das Ziel der Bundesregierung, bis 2018 eine Breitbandversorgung mit 50 Megabit pro Sekunde zu garantieren, reicht vorne und hinten nicht.  Wir drängen  auf die Verlegung von Glasfaserleitungen und den Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards für ultraschnelle Verbindungen. Auch unsere Betriebe im ländlichen Raum dürfen nicht abgehängt werden.

Weniger Bürokratie für Mittelstand

Gut 100 Tage ist die neue Landesregierung im Amt. Zu den ersten positiven Ergebnissen unserer handwerkspolitischen Kammerarbeit mit der neuen Regierung zählt z.B. die Überarbeitung des Tariftreue-und Vergabegesetzes. Bald ist Schluss damit, dass ein Steinmetz in Königswinter nachweisen muss, ob in den Lieferantenländern die Sozial- und Arbeitsstandards eingehalten werden. Auch die Hygiene-Ampel ist demnächst vom Tisch. Handwerksbetriebe sollen Gebühren für Erstkontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachung selbst bezahlen? Das war völlig absurd und musste schnell wieder abgeschafft werden. Unsere Betriebe erwarten weitere deutliche und spürbare Verbesserungen, die ihre Arbeit erleichtern. Ebenso haben wir ein Auge auf den Landesentwicklungsplan. Unsere Betriebe müssen expandieren können.

Zukunft ist unsere Baustelle

Handwerksbetriebe wollen expandieren und investieren. Dafür brauchen sie aber mehr junge Leute. Im Handwerk eine berufliche Zukunft zu finden ist derzeit nicht so schwer, weil noch rund 1.200 Lehrstellen im Kammerbezirk Köln unbesetzt sind. Jeder Ausbildungswillige und –fähige bekommt also eine Lehrstelle. Nur welche passt zu ihm? Mein Tipp: Am 16.9.2017 findet wieder ab 14.00 Uhr der Tag des Handwerks auf dem Heumarkt statt. Ich werde zusammen mit unserer Kölner Oberbürgermeisterin die Veranstaltung eröffnen. Wobei ich mir schon vorstellen kann, dass die jungen Leute lieber wegen Cat Ballou, Miljö, Mo-Torres und Fiasko kommen. Aber mit dem bundesweit größten Informationsmarkt wollen wir junge Leute ansprechen, die noch keine Kenntnis vom Handwerk haben, oder einfach noch nicht wissen, dass sie dort eine Zukunft finden könnten. Betriebe und Handwerksorganisationen laden auch in diesem Jahr dazu ein, an Mitmach-Stationen, Info-Veranstaltungen und Wettbewerben teilzunehmen.

Ausbildung muss attraktiver für junge Leute werden

Damit eine handwerkliche Ausbildung noch attraktiver wird, fordere ich seit langem, dass Bund und Länder sich mehr für die Berufliche Bildung engagieren, z.B. durch Erstattung von Fahrtkosten und Internat-Gebühren. Unsere Auszubildenden müssen gerade in ländlichen Regionen oft lange Wegstrecken zur Berufsschule bewältigen und Internat-Gebühren bei überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen zahlen. Das überfordert manchen jungen Menschen, insbesondere wenn er oder sie aus einer einkommensschwächeren Familie kommt. Sozial gerecht ist anders. Deshalb erwarte ich von der Politik, dass sie sich hier bewegt.

Fahrverbote - unser Kampf gegen die kalte Enteignung

Ein Urteil im Sommerloch und schon ist die Hype groß. Stichwort: Dieselfahrverbot! Geht es nach der Deutschen Umwelthilfe, sind allein Diesel-Fahrverbote die Lösung, um den Stickoxid-Ausstoß einzudämmen. Wir warnen vor Aktionismus: Es gibt noch keine Rechtsgrundlage für ein Dieselfahrverbot! Das Bundesverwaltungsgericht urteilt darüber voraussichtlich im Frühjahr 2018. Nur wenn alle schnell und koordiniert handeln, lassen sich Fahrverbote vermeiden. Ein Fahrverbot wäre für viele Handwerksbetriebe existenzbedrohend. Sie sind für die Versorgung der Innenstädte zuständig. Da kann man ihnen nicht den Zutritt verwehren. Unsere Unternehmen fahren nun mal mit Nutzfahrzeugen mit Dieselmotor, da gibt es keine Alternative. In dem Moment, wo die Blaue Plakette und blaue Zonen in Innenstädten eingeführt werden, kommen sie nicht mehr zu ihren Kunden. Wir lehnen die blaue Plakette daher entschieden ab. Es kann nicht sein, dass Fahrzeuge, die nach gültigen Normen angeschafft wurden, schon kurze Zeit später aus dem Verkehr gezogen werden müssen.

Jahre verschlafen

Reden wir doch mal Klartext: Die Autoindustrie hat über Jahre die Entwicklung verschlafen. Jetzt ist das Gejammer groß.  Und trotz allem verkauft  die Autoindustrie zum Teil  bis heute noch Produkte, die die zugesagten Eigenschaften nicht erfüllen. Und das wissentlich, wie wir jetzt nach und nach erfahren. Ich möchte dies nicht unter strafrechtlichen Aspekten beurteilen. Dies steht mir nicht zu. Aber eines weiß ich aus Erfahrung als Meister: Im Handwerk stehen wir zu Mängeln oder Schäden, die jemand produziert hat. Da versucht man sich nicht mit allerlei Tricks aus der Haftung zu mogeln. Genau  diese Einstellung fordere ich von der Autoindustrie und von der Politik. Software-Updates  alleine helfen da nicht, wie mir unsere KFZ-Experten aus dem Handwerk bestätigt haben. Da muss die erforderliche Hardware nachträglich eingebaut werden. Und überhaupt, warum holt man nicht diejenigen an den Tisch des Diesel-Gipfels, die es am Ende sowieso in Ordnung bringen sollen? Unsere handwerklichen KFZ-Fachleute. Genau diese Frage habe ich kürzlich unserem Kanzleramtsminister in einem Schreiben gestellt. Auf die Antwort bin ich gespannt.

Verantwortung und Zusammenhalt als Herausforderung

"Zusammenhalten – Zukunft gestalten!" – so lautet der Titel der Erwartungen des Handwerks zur Bundestagswahl 2017 an die Politik. Ich finde, wir sollten sie noch aktuell um den Begriff  Verantwortung erweitern. Am 24. September 2017 haben wir alle die Chance, mit unserer  Stimme Einfluss zu nehmen. Eine kleine Hilfestellung gibt Ihnen unsere Seite zur Bundestagswahl: https://www.zdh.de/themen/handwerkspolitik/bundestagswahl-2017/

Wie ist Ihre Meinung? Ich freue mich immer auf Ihre Anmerkungen wollseifer-blog@hwk-koeln.de

Herzlichst
Ihr
Hans Peter Wollseifer

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