Diebstahl auf der Baustelle - Achtung: Unternehmer haften bis zur Abnahme grundsätzlich!
Immer wieder und leider mit steigender Tendenz kommt es auf Baustellen zur Entwendung dort gelagerter oder bereits verbauter Materialen. Nicht immer tritt für solche Schäden eine Versicherung ein und in vielen Fällen haben auch weder der Bauherr noch der Werkunternehmer eine entsprechende Versicherung zur Absicherung derartiger Schäden abgeschlossen. Für ein Handwerksunternehmen stellt dies eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar, da in vielen Fällen der Werkunternehmer die Kosten für entwendete oder beschädigte Materialien zu tragen hat. Dieser Ansicht sind jedenfalls die Gerichte, die – unabhängig davon, ob es sich um einen VOB- oder BGB-Vertrag handelt – an dem Grundsatz festhalten, dass der Unternehmer vor Abnahme seiner Werkleistung die Gefahr für die Materialien und Werkzeuge trägt. Ganz aktuell hat so auch das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken in einem Fall entschieden, in dem in das vom Auftraggeber ordnungsgemäß verschlossene Haus eingebrochen wurde und dabei Materialien für den noch zu erfolgenden Innenausbau entwendet wurden. Um den Fortgang der Baustelle nicht zu verzögern, besorgte sich der Bauherr zunächst auf eigene Kosten neue Materialien und rechnete diese Kosten anschließend gegen die Werklohnforderung des Unternehmers auf - nach Ansicht des Gerichtes zu Recht. Danach trage gemäß der für Werkverträge typischen Risikoverteilung grundsätzlich der Unternehmer das Beschädigungs- und Diebstahlrisiko bis zur Abnahme des von ihm zu erstellenden Gewerks und zwar auch für die zu dessen Erstellung erforderlichen Hilfsmittel wie Maschinen und Werkzeuge. Diese Risikoverteilung werde nach Ansicht des Gerichts der tatsächlichen, an einer Baustelle regelmäßig anzutreffenden Situation gerecht, wonach es der Entscheidungsfreiheit des Unternehmers überlassen sei, in welchem Umfang er die von ihm verwandten Materialen und Hilfsmittel vor Zugriffen Dritter während der Bauausführung schütze. Der Umstand, dass allein der Bauherr im Besitz der Haustürschlüssel war, bewertete das Gericht nicht zu Gunsten des Unternehmers, da ansonsten kein Verstoß gegen die dem Bauherrn obliegenden Sorgfaltspflichten feststellbar war, der die Haustür nachweislich ordnungsgemäß verschlossen hatte. Eine Teilabnahme, die es bezüglich anderer, fertiggestellter Bauleistungen des Unternehmers bereits gegeben hatte, umfasste jedenfalls nicht die für den später geplanten Innenausbau gelagerten Materialien, so dass die Verantwortung beim Werkunternehmer verblieb.
Fazit: Auch auf Grund dieser strengen Rechtsprechung bleibt es für einen Handwerksbetrieb ein erhebliches Risiko, wenn er bis zur vollständigen Abnahme Werkzeuge und Materialien auf der Baustelle lagert. Präventiv kann zwar durch den Abschluss von Versicherungen wie die sog. Bauleistungsversicherung und Geschäftsinhaltsversicherung das finanzielle Risiko grundsätzlich minimiert werden. Derartige Versicherungspolicen sind jedoch nicht gerade günstig, so dass es sich empfiehlt, entsprechende Kosten bei Vertragsverhandlungen mit dem Auftraggeber einzukalkulieren. Darüber hinaus sollte unbedingt darauf geachtet werden, zeitnah nach Fertigstellung der Werkleistungen nachweislich die Abnahme durch den Auftraggeber herbeizuführen. Gegebenenfalls sollten im Vertrag bereits entsprechende Vereinbarungen in zeitlicher Hinsicht hierzu getroffen werden.
(OLG Saarbrücken, Urt. v. 03.12.2014 - 1 U 49/14)
RAin S. Schönewald, 29.04.2015