Handwerkskammer fordert Bündnis für Schulbau
Handwerkskammer fordert Bündnis für Schulbau
Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) sind keine Lösung
Weltrich: Wenn die Stadt Köln auf ÖPP setzen würde, "käme der Schulbau völlig zum Erliegen"
Die Handwerkskammer zu Köln teilt die Sorge um die Situation der Schulbauten in Köln. Das betrifft sowohl den Sanierungs- als auch den Neubaubedarf. Schüler müssen abgewiesen werden, weil Schulgebäude nicht gebaut oder nicht fertig werden. „Hier helfen Schuldzuweisungen nicht. Alle Beteiligten müssen an einem Strang ziehen. Deshalb fordern wir dringend ein Bündnis für Schulbau“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, Dr. Ortwin Weltrich. Die Verzögerungen im Schulbau haben viele Ursachen. Diese müssen gemeinsam angegangen werden.
Anders, als immer wieder ohne ausreichende Sachkenntnis behauptet, lassen sich Beschleunigungen nicht über Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) erreichen. Diese erfordern nämlich eine noch intensivere, bedeutend aufwändigere Vorbereitung als die Fachlosvergabe; denn hierfür muss die 20- bis 25-jährige Betreiberphase für eine Schule mit ausgeschrieben werden.
Ein Beispiel hierfür sind die seit 10 Jahren in Köln geplanten Schul-ÖPPs. Der ursprüngliche Ratsbeschluss datiert aus dem Jahr 2006. Am 8. April 2014 erging ein erneuter Ratsbeschluss für fünf Schulen in Form von ÖPP. Dabei ging die Stadtverwaltung selbst von eineinhalb bis zwei Jahren bis zur Auftragsvergabe aus. Bis heute ist jedoch keine Ausschreibung zu der Schul-ÖPP feststellbar. Demnach dürfte es bis zur Erteilung des Auftrags noch längere Zeit dauern, erst recht bis zur Fertigstellung der fünf Schulen.
Dies ist das beste Zeichen dafür, dass die Stadt personell und auch unter Einschaltung von Beratungsbüros ÖPPs gar nicht stemmen kann. Vergabebeschwerden haben bei ÖPPs viel größere Auswirkungen als bei Fachlosvergaben, weil eine ÖPP-Beschwerde das gesamte Bauprojekt stilllegt. „Wenn man auf ÖPP setzen würde, käme der Schulbau völlig zum Erliegen“, so Weltrich. Außerdem ist ÖPP mit einer Betreiberphase von 25 Jahren bei der ungewissen Entwicklung im Schulsektor unvertretbar und bei den derzeit niedrigen Zinsen wirtschaftlich unsinnig, weil hier deutlich höhere Kosten als beim Fachlosverfahren entstehen. Private Unternehmen haben deutlich schlechtere Finanzierungskonditionen als die Stadt und lassen sich die Risikoübernahme voll vergüten. Dazu kommen hohe externe Beratungskosten.
Die von der Oberbürgermeisterin veranlasste und vom Stadtrat am 2. Februar beschlossene Neuordnung der Gebäudewirtschaft ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dieser Weg muss konsequent weiterverfolgt werden. Die Zahl der beteiligten Ämter und Gremien muss weiter reduziert werden. Die Beteiligung des Rechnungsprüfungsamtes ist zurückzufahren, von einer Einschaltung während des laufenden Vergabeverfahrens zurück zu einer nachrangigen Prüfung.
Außerdem ist festzustellen, dass die Stadt im Bau- und Vergabebereich deutlich unterbesetzt ist. Deshalb ist für eine Beschleunigung auch eine Personalerhöhung erforderlich. Das rechnet sich letztendlich auch für die Stadt. Wenn die Mitarbeiter nicht unter großem Zeitdruck Baumaßnahmen entwickeln, planen und ausschreiben müssen, erhöht dies die Qualität der Ausschreibung und die Rechtssicherheit der Vergabeentscheidung. Gleichzeitig wird dadurch die anschließende Durchführung der Baumaßnahme beschleunigt, da es weniger zu Problemen, Beschwerden, Klärungsbedarf und Nachträgen kommt.
Die Stadt könnte auch in viel größerem Umfang als bisher von beschränkten Ausschreibungen Gebrauch machen. Erst seit September letzten Jahres hat sie die beschränkte Ausschreibung wieder eingeführt – bis zu einer Wertgrenze von 500.000 Euro. Rechtlich möglich wäre aber eine Verdopplung dieses Wertes, also die Durchführung von beschränkten Ausschreibungen bei allen Baumaßnahmen mit einem voraussichtlichen Auftragswert von bis zu einer Million Euro. Beschränkte Ausschreibungen würden eine stärkere Beteiligung von qualitätsbewussten mitteständischen Unternehmen aus der Region erlauben. Das beschleunigt die Ausführung von Baumaßnahmen und stärkt darüber hinaus die Kölner Wirtschaft.
Zurzeit sind besonders bei den Schulbauten erhebliche vermeidbare Verzögerungen zu beobachten. Schon die Vorplanung von Schulprojekten benötigt lange Zeit, was unter anderem an der Vielzahl der Beteiligten liegt, die sich nicht zeitgleich, sondern nacheinander mit einem Vorgang befassen. Oftmals sind auch mehrere politische Gremien für eine Entscheidung zuständig. Die Konkretisierung und Umsetzung der positiven Grundsatzbeschlüsse erfordert in der Stadtverwaltung dann wieder einen langen Zeitraum, weil sich erneut wieder mehrere Beteiligte nacheinander und wegen Änderungen mitunter mehrfach mit dem Projekt befassen. Wenn die Baumaßnahme dann so weit ist, dass sie auf den Markt gebracht werden kann, liegt sie wieder in der Warteschleife der wegen Personalknappheit noch nicht erledigten Vorgänge. Anschließend treten bei der Bauausführung nicht selten weitere Hindernisse auf, die einer schnellen Fertigstellung entgegenstehen, wie zum Beispiel lang dauernde Freigaben und Prüfungen oder Bewilligungen von Nachträgen.
„Wir beobachten, dass immer weniger Mitarbeiter der Stadt oder der unterstützend beauftragten externen Ingenieurbüros den Mut haben, eine Sache zu entscheiden. Jeder versucht, sich durch weitere Unterschriften anderer Personen abzusichern. Das führt zu teilweise sieben Unterschriften für kleinere Einzelentscheidungen und dazu, dass von den Betrieben unvertretbar viele Erklärungen und Nachweise verlangt werden“, erklärt der Hautgeschäftsführer der Handwerkskammer. „Dass ein solches Prozedere alle Beteiligten lähmt, ist nur zu verständlich.“