Informationspflichten für Betriebe
Neue Spielregeln für Verbraucherverträge ab Juni 2014
Und wieder gibt es zum Schutz der Verbraucher neue Pflichten für die Unternehmer zu beachten. Nach zahlreichen gesetzlichen Neuregelungen in den letzten Jahren wie u. a. dem Telemediengesetz und der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung gibt es nun eine neue EU-Richtlinie – die sog. Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) – aus dem Jahre 2011. Diese schafft neue Spielregeln für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Erklärtes Ziel dieser Richtlinie ist es, durch eine Angleichung des Rechts der einzelnen Mitgliedsstaaten ein höheres Verbraucherschutzniveau zu erreichen, um damit zu einem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beizutragen.
Gemäß den Vorgaben müssen die Vorschriften, die die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der Richtlinie erlassen, ab dem 13. Juni 2014 anzuwenden sein. Bereits im Juni letzten Jahres hatte der Bundestag deshalb das „Gesetz zur Umsetzung der europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie“ beschlossen, dessen Regelungen ohne Übergangsregelung zum 13.06.2014 in Kraft treten. Im Kern geht es um eine umfassende Neuregelung des Fernabsatzrechts und des Rechts der Haustürgeschäfte, die künftig „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge" (AGV) heißen werden. Darüber hinaus sieht die Richtlinie neben grundlegenden Änderungen des Widerrufsrechtes und besonderen, erweiterten Informationspflichten für die genannten Vertriebsformen auch neue allgemeine Informationspflichten vor, die unabhängig von der Vertriebsform für alle Verbraucherverträge gelten.
Die Vorgaben im Zusammenhang mit der sog. Button-Lösung, nach der Unternehmer verpflichtet sind, im Internet Verbrauchern bestimmte Informationen, wie den Gesamtpreis einer kostenpflichtigen Leistung, klar und verständlich unmittelbar über dem Bestellbutton zur Verfügung zu stellen, hatte der deutsche Gesetzgeber bereits vorab mit Wirkung zum 01.08.2012 umgesetzt.
In Deutschland waren damit zur Umsetzung der Richtlinie insbesondere noch die Grundsätze bei Verbraucherverträgen (§§ 312 ff. BGB), das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (§§ 355 ff. BGB), der Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) sowie die Muster für Widerruf und Widerrufsbelehrung neu zu regeln.
Die nachfolgende Darstellung konzentriert sich auf den typischen Anwendungsbereich der Vertragsschlüsse im Handwerk ohne Berücksichtigung der zahlreichen Auswirkungen, die das Gesetz für andere Vertriebsformen, wie die des Online-Handels, mit sich bringt.
Welche Unternehmer sind betroffen?
Auch wenn es im ersten Moment so erscheinen könnte, als ob von den Neuregelungen hauptsächlich die Unternehmer betroffen sind, die ihre Waren oder Dienstleistungen online an Verbraucher verkaufen, so gelten die neuen Spielregeln tatsächlich auch für Unternehmer, deren Geschäftstätigkeit sich nicht auf das Internet beschränkt oder die für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss keine Fernkommunikationsmittel verwenden.
Betroffen sind zukünftig auch die Unternehmer, für die naturgemäß keine Vertriebsalternative zu "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen" besteht, wie z. B. für viele Handwerksbetriebe. Dies sind insbesondere alle die Handwerksbetriebe, die ihre Werkleistungen nicht in der eigenen Betriebsstätte bzw. Geschäftslokal erbringen, sondern in der Privatwohnung ihrer Kunden oder auf deren (Neu-)Baustelle und es in der Praxis dort typischerweise häufig auch zu Vertragsverhandlungen und Vertragsschlüssen kommt.
Was ändert sich konkret? In welchen Situationen greifen zukünftig die neuen Verbrauchervorschriften?
Welche neuen Verbrauchervorschriften sind zu beachten?
1. Allgemeine vorvertragliche Informationspflichten
Bei einem Vertrag mit einem Verbraucher obliegen dem Unternehmer grundsätzliche Informationspflichten. Dies ist nicht neu; bereits seit der Einführung der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) gibt es auch für die Handwerksbetriebe, die nicht ausschließlich Waren verkaufen und ihre Geschäfte nicht über das Internet abwickeln, eine Reihe von Informationspflichten zu beachten. Diese allgemeinen Informationspflichten sind nunmehr durch die Vorgaben der Richtlinie noch erweitert worden und gelten für alle Vertragsschlüsse mit Verbrauchern und auch bereits für den Zeitpunkt vor Vertragsschluss.
Neben der allgemeinen, für jeden Unternehmer bestehenden Pflicht, im Falle eines Anrufs beim Verbraucher zum Zwecke eines Vertragsschlusses seine Identität sowie den Zweck des Anrufes offen zu legen, bringt die gesetzliche Neuregelung nunmehr einen acht Punkte umfassenden Katalog von vorvertraglich zu erbringenden Pflichten.
Darin handelt es sich im Wesentlichen um Informationen zu den wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, der Identität des Unternehmens mit Angabe der Anschrift nebst Telefonnummer, zum Gesamtpreis für Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben bzw. die Art der Preisberechnung und darüber hinaus um Informationen über Zahlungs–, Liefer– und Leistungsbedingungen einschließlich der Lieferfrist sowie Angaben zum Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts und ggfs. zu bestehenden Garantieansprüchen.
2. Erweiterte Informationspflichten und Widerrufsrecht
Über die o. g. allgemeinen Informationspflichten hinausgehend gibt es nunmehr erweiterte Informationspflichten grundsätzlich für alle sog. Fernabsatzgeschäfte, d. h. für Vertragsschlüsse, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln ( wie z. B. per Telefon, Telefax oder per e-Mail) erfolgen sowie für alle außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge (AGV) zu beachten.
Hierzu zählen nicht nur Informationen über die Identität, den Preis und die Eigenschaften der Ware bzw. Dienstleistung, sondern auch - und dies ist sicherlich das Kernstück der Neuregelung bei den Verbraucherrechten - Informationen über ein bestehendes Widerrufsrecht bzw. über Umstände, die ein Widerrufsrecht erlöschen lassen, über die Abwicklung und Kostentragung bei Widerruf sowie ggfs. über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren.
Nach Einwänden von Seiten der Handwerksorganisationen hat der deutsche Gesetzgeber unter Ausnutzung einer in der Verbraucherrechterichtlinie bestehenden Option zwar ein erleichtertes Informationsregime zugelassen. In der Praxis der betroffenen Handwerksbetriebe wirkt sich dieses allerdings lediglich in dem folgenden, sehr schmalen Anwendungsbereich aus:
- Der Verbraucher hat die Dienste des Unternehmers für Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen angefordert, die sofort erfüllt werden können und die die vom Verbraucher zu leistende Vergütung 200 EUR nicht übersteigt.
- Vom Anwendungsbereich der erweiterten verbraucherschützenden Pflichten vollständig als sog. "Bereichsausnahme" ausgenommen sind darüber hinaus auch Verträge, in denen es um den Bau von neuen Gebäuden oder um erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden geht. Welchen Umfang der Begriff der „erheblichen Umbaumaßnahmen“ konkret abdeckt, ist noch unklar. Ob es sich mithin um Ausführungsarbeiten handeln muss, die insgesamt quasi einem Neubau wie beispielsweise bei einer Entkernung oder Totalrenovierung eines Gebäudes nahekommen, bleibt abzuwarten.
In den genannten Fällen beschränken sich die vorvertraglichen Informationspflichten auf die Identität und Kontaktdaten des Unternehmens, auf die Angaben zu den wesentlichen Eigenschaften der Ware bzw. Dienstleistung, auf den Gesamtpreis sowie gegebenenfalls auf ein Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Sowohl bei Vertragsschlüssen im Bereich des Fernabsatzgeschäftes sowie bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen steht dem Verbraucher bis auf einige Ausnahmen (s. dazu unten unter 5.) ein Widerrufsrecht zu.Das Widerrufsrecht wurde vollständig neu strukturiert und abgefasst. Die Neuregelung enthält nun eigene Regeln bezüglich der Widerrufsfolgen, und der bisherige Verweis auf das Rücktrittsrecht entfällt. Die Widerrufsfrist beträgt wie bisher auch schon 14 Tage ab Vertragsschluss, bzw. beim Verkauf von Waren ab Erhalt der Ware. Der Widerruf kann formlos erklärt werden, hat aber ausdrücklich zu erfolgen. Eine bloße Rücksendung der Waren, wie es bislang im Online-Handel für eine Rückabwicklung des Vertrages ausgereicht hatte, genügt zukünftig nicht mehr.
Für den Fall einer fehlenden oder unzureichenden Widerrufsbelehrung ist es zukünftig allerdings nicht möglich, den Widerruf erst Jahre später zu erklären. Die Neuregelung entlastet hier die Unternehmer und begrenzt das Widerrufsrecht auf 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss bzw. nach Empfang der Ware.
3. Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden
Wie bereits dargestellt, kommt es hinsichtlich des Umfanges der zukünftigen Informationspflichten sowie hinsichtlich des Bestehens eines Widerrufsrechtes neben den klassischen Situationen des Fernabsatzgeschäftes sowie den bislang bekannten Situationen eines Haustürgeschäftes in der Praxis ganz entscheidend darauf an, unter welchen Umständen ein „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag“ im Sinne der gesetzlichen Neuregelung vorliegt.
Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag (AGV) ist zukünftig in § 312 b BGB geregelt und liegt insbesondere vor, wenn
- der Unternehmer mit dem Verbraucher einen Vertrag außerhalb seiner Geschäftsräume schließt
oder - der Verbraucher vom Unternehmer außerhalb seiner Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wird und er den Vertrag unmittelbar danach entweder in den Geschäftsräumen des Unternehmens oder durch Fernkommunikationsmittel (wie Telefon, Fax oder E-Mail) schließt.
Die Ausweitung der bisherigen Verbraucherschutzvorschriften auf diesen Anwendungsbereich wirkt sich in der Praxis nicht unerheblich auf die Unternehmen im Handwerk aus, die sich üblicherweise z. B. zur Erstellung eines Kostenvoranschlages beim Kunden in dessen Privatwohnung oder auf dessen Baustelle einfinden und dort auch die vertragserheblichen Aspekte besprechen. Bei diesen Situationen kommt es künftig für die Frage, ob ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vorliegt und damit die erweiterten Informationspflichten sowie ein Widerrufsrecht des Kunden bestehen, entscheidend darauf an, wann genau es zum Vertragsschluss kommt und von wem der Erstkontakt ausgegangen ist.
4. Die relevanten Situationen in der Praxis:
- Der Kunde kontaktiert den Handwerksbetrieb zunächst für eine Besprechung der geplanten Auftragsleistungen bzw. für ein Aufmaß vor Ort. Der Handwerksbetrieb nimmt beim Kunden das Aufmaß etc., ohne dass es vor Ort zum Vertragsschluss kommt.
Der Handwerksbetrieb erstellt dem Kunden erst im Nachgang zum Besuch ein Angebot und wird von diesem anschließend beauftragt.
Dieser Vertragsschluss stellt keinen „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“ dar; hierfür gelten mithin weder die erweiterten Informationspflichten, noch hat der Kunde ein Widerrufsrecht. - Anders wäre es bei ansonsten gleicher Sachverhaltskonstellation, wenn die Kontaktaufnahme nicht vom Verbraucher, sondern vom Handwerksbetrieb ausgeht; in diesem Fall läge ein „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor“.
- Der Kunde bestellt den Handwerksbetrieb in seine Privatwohnung oder auf seine Baustelle ein. Noch vor Ort unterbreitet der Handwerksbetrieb dem Kunden ein Angebot und es kommt durch die Annahme des Angebotes beim Kunden zum Vertragsschluss.
Bei dieser Sachverhaltsversion handelt es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag. Im Gegensatz zu der erstgenannten Konstellation greifen hier deshalb grds. die weitergehenden Informationspflichten, und der Kunde hat - bis auf die untenstehenden Ausnahmen - ein Widerrufsrecht.
Darüber hinaus ist der Unternehmer bei einem solchen, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag nachvertraglich verpflichtet, dem Verbraucher alsbald eine Abschrift des Vertragsdokuments oder im Falle eines mündlich abgeschlossenen Vertrages eine Bestätigung des Vertrages, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, in Papierform zur Verfügung zu stellen.
Festzuhalten ist mithin, dass es für die Frage, ob der erweiterte Verbraucherschutz greift oder nicht, bei Vertragsschlüssen außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers im Nachgang zu einem Ortstermin beim Kunden entscheidend darauf ankommt , von wem der Erstkontakt ausgegangen ist.
Auf Grund dieser Anwendungsgrenzen des erweiterten Verbraucherschutzes ist der betriebliche Alltag im Handwerk gerade im Zusammenhang mit der Erstellung von Kostenvoranschlägen und Aufmaßarbeiten durch die neuen Vorgaben zwar bürokratisch erschwert, jedoch im Ergebnis durch die erzielten Kompromisse nicht völlig unverhältnismäßig und rechtsunsicher gestaltet. Bereits im Abstimmungsverfahren zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der EU-Kommission sind entsprechende Einwände und Vorschläge seitens der Handwerksorganisationen als Kompromiss zu den vorhergehenden Entwürfen berücksichtigt worden.
Übersicht Informationspflichten bei Vertragsschlüssen außerhalb von Geschäftsräumen (Quelle: ZDH)
5. Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Keine Regel ohne Ausnahme:
Auch bezüglich des Widerrufsrechtes sieht das Gesetz für bestimmte Fälle von Vertragsschlüssen außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz Ausnahmen vor, bei denen kein Widerrufsrecht besteht bzw. es erlischt.
Insgesamt handelt es sich um schwer überschaubare Detailänderungen mit Ausnahmetatbeständen, die auf Grund unbestimmter Begriffe zumindest vorerst noch zu Rechtsunsicherheiten führen dürften.
Für den Bereich des Handwerks sind die folgenden Ausnahmetatbestände von Bedeutung und Interesse:
Bei Verträgen über folgenden Inhalt besteht kein Widerrufsrecht:
- Bei einer Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für den deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind
(Dies sind z. B. Lieferung von Farben in bestimmtem Farbton, Herstellung von individuell angefertigten Möbeln oder sonstigen Werkstücken.) - bei einer Lieferung von Waren, die schnell verderben können
(wie z. B. Torten oder sonstige Lebensmittel, Fleisch und Wurstwaren im Rahmen eines Auftrages als Partyservice) - bei Waren, die nach ihrer Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt werden
(wie zum Beispiel Werkmaterialien und Baustoffe)
sowie - und dies ist enorm wichtig für eine praxisgerechte Handhabung im Bereich des Handwerks -
- bei Verträgen, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen
(z. B. Wasserrohrbrüche, Elektronotdienstarbeiten, Schlüsseldienste etc.)
Das Widerrufsrecht erlischt u. a., wenn die Dienstleistung/Werkleistung vollständig erbracht ist und der Kunde ausdrücklich bestätigt hat, dass der Werkunternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung beginnen soll und er (der Kunde) Kenntnis vom Verlust des Widerrufsrecht genommen hat.
Kommt es zukünftig also mit einem Verbraucher zu einem Vertragsschluss unter den Voraussetzungen eines Fernabsatzgeschäftes oder eines AGV, ohne dass eine Ausnahme vom Widerrufsrecht vorliegt, so sollte der Unternehmer mit der Werkleistung nicht beginnen, bevor ihm nicht eine solche (möglichst schriftliche) Erklärung des Verbrauchers vorliegt. Nur so kann der Unternehmer dem Risiko eines Widerrufs mit entsprechenden Folgen einer Rückabwicklung entgehen.
6. Form der Widerrufsbelehrung
Die Verbraucherrechterichtlinie hat für die Ausübung des Widerrufsrechtes und deren Rechtsfolgen detaillierte Vorgaben gemacht, die den Mitgliedsstaaten so gut wie keinen Umsetzungsspielraum belassen hatten. Die vielen Details der Informationspflichten gerade auch in Bezug auf das Widerrufsrecht hatte mithin auch der deutsche Gesetzgeber bei seinem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie obligatorisch zu beachten.
Schon bislang existierte ein amtliches Muster für die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung. Im Rahmen der Neuregelungen hat der Gesetzgeber auch jetzt wieder eine Musterbelehrung sowie ein Muster für ein Widerrufsformular vorgegeben, was der belehrungsverpflichtete Unternehmer zur Erfüllung seiner Informations- und Belehrungspflichten benutzen und dem Verbraucher zur Verfügung stellen kann. Möglich ist zwar auch, einen eigenen Text zu benutzen; die Verwendung des gesetzlich vorgegebenen Musters hat allerdings den Vorteil, dass es grundsätzlich auch vor Abmahnungen Dritter schützt.
Die Formvorschriften der Widerrufsbelehrung sind hingegen ohne weitergehenden Spielraum weitestgehend festgelegt.
Sämtliche Informationen sind dem Verbraucher beim AGV und beim Fernabsatzgeschäft vor Vertragsschluss in klarer und verständlicher Weise grundsätzlich in Papierform zur Verfügung zu stellen. Bei Zustimmung des Verbrauchers genügt auch ein anderer dauerhafter Datenträger in Form eines elektronischen Mediums, wie z. B. eine CD-ROM oder ein USB-Stick bzw. Speicherkarte.
Bei einem Vertragsschluss im Wege des Fernabsatzes hat der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung zu stellen.
Muster Widerrufsbelehrung bei AGV und Fernabsatzverträgen (Quelle: ZDH)
7. Rechtsfolgen des Widerrufs bzw. einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung
In den Fällen, in denen ein Widerrufsrecht des Kunden besteht, hat der Unternehmer zukünftig genau zu prüfen, ob er mit seinen Arbeiten bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Denn bis zum Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen ab Vertragsschluss kann der Kunde jederzeit vor Fertigstellung den Widerruf erklären.
Hat der Unternehmer den Verbraucher unter entsprechender Dokumentation ordnungsgemäß belehrt und ist er darüber hinaus auch auf Veranlassung des Kunden „vorzeitig“ tätig geworden, so steht ihm gegenüber dem Verbraucher ein Wertersatzanspruch zu - zumindest für die bis dahin erbrachten Leistungen.
Bei fehlender oder unzureichender Widerrufsbelehrung bzw. Dokumentation hingegen schuldet der Kunde jedoch keinen Wertersatz und der Unternehmer geht schlimmstenfalls leer aus.
Wie bereits dargestellt, so steht dem Verbraucher im Falle verletzter Informations- und Belehrungspflichten das Widerrufsrecht bis maximal zum Ablauf von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss bzw. Erhalt der Ware zu.
Rein theoretisch denkbar sind mithin Fallgestaltungen, in denen der Verbraucher durch den Unternehmer nicht ordnungsgemäß belehrt wird und erst erheblich später - eventuell erst nach vollständiger Leistungserbringung durch den Werkunternehmer - widerruft. Greift hier nicht einer der oben dargestellten Ausnahmetatbestände vom Widerrufsrecht, so kann dies beim Unternehmer mangels eines Wertersatzanspruches zum vollständigen Vergütungsverlust führen.
Für den Unternehmer zeigt sich, wie wichtig es zur Vermeidung dieser finanziellen Risiken ist, die Kunden in den widerrufsrelevanten Fällen der Vertragsschlüsse außerhalb der Geschäftsräume oder im Wege des Fernabsatzes ordnungsgemäß zu informieren und zu belehren.
8. Umsetzungsbedarf für Unternehmen
Die geschilderten Situationen machen deutlich, wie wichtig es auch für Handwerksbetriebe ist, sich auf die neuen Regeln vorzubereiten. Der Vertragsschluss per Handschlag vor Ort wird zukünftig wohl ein immer größeres Risiko sein. Gerade auch im Falle von Kunden, die sich gerne mehrfach umentscheiden, ist nun von lockeren mündlichen Auftragsgesprächen auf Grund des hohen Gefahrenpotentials umso mehr abzuraten.
Es gilt nun, die für den eigenen Handwerksbetrieb typischen Situationen des Geschäftsablaufs einmal zu reflektieren, um sich über die Situationen, in denen die neuen Verbraucherregeln zur Anwendung kommen, bewusst zu werden. Die Unterlagen für die notwendigen Informationen und Belehrungen sind vorzubereiten bzw. in die üblichen Angebotsunterlagen mit einzuarbeiten. Bei Spontanaufträgen vor Ort beim Kunden oder auf der Baustelle sollte die Möglichkeit genutzt werden, den Vertragsschluss schriftlich mit Hinweis auf das Widerrufsrecht zu bestätigen.
Musterformulare für die zu erteilenden Informationen und Widerrufsbelehrungen halten auch die Handwerkskammern für ihre Mitgliedsbetriebe vor.
Kritik und Ausblick
Die enormen bürokratischen Lasten und die ungerechtfertigten Risiken, die sich auf Grund der neuen Verbraucherregeln auch für Handwerksbetriebe ab dem 13.06.2014 ergeben, zeigen doch recht deutlich, wie wenig ausgewogen die widerstreitenden Interessen zwischen Unternehmen und Verbrauchern geregelt werden. Das allgemeine politische Ziel, das Verhältnis Wirtschaft mit der notwendigen wirtschaftlichen Freiheit für Unternehmen einerseits und den Verbraucherinteressen mit dem Recht auf ausreichenden Schutz im Rechtsverkehr andererseits nicht als Über- oder Unterordnungsverhältnis ausgestalten zu wollen, ist aus Sicht des Handwerks mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie trotz der erreichten Kompromisse durch entsprechende Ausnahmetatbestände für das Handwerk jedenfalls nicht erreicht worden. Darüber hinaus sorgen die umfangreichen Neuregelungen auch eher für beklagenswerte weitere Bürokratielasten für den geschäftlichen Alltag als für deren dringend notwendigen Abbau.
Es bleibt mithin zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber nun schnellstmöglich zumindest das weitere Thema aus der Verbraucherrechte-Richtlinie bezüglich der Ein- und Ausbaukosten bei mangelhaftem Material noch mal aufgreift, damit eine insbesondere wirtschaftlich unhaltbare Situation für das Handwerk endlich korrigiert wird. Nach der aktuellen Rechtsprechung zur europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie können Handwerksbetriebe vom verantwortlichen Händler nur die Bereitstellung mangelfreien Materials verlangen. Auf den Kosten für den Aus- und Einbau des mangelhaften bzw. des neuen, mangelfreien Materials bleiben sie jedoch sitzen. Aus Sicht des Handwerks muss bei der Umsetzung in nationales Recht diesbezüglich unbedingt nachgebessert werden. In der letzten Legislaturperiode war die parlamentarische Diskussion dieser Thematik auf Grund der Bundestagswahl nicht mehr zu realisieren und ist auf die nun laufende vertagt worden.