SOKA-Bau Beitragspflicht nun per Gesetz festgelegt
Seit mehreren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in den letzten Monaten, in denen die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Sozialkassentarifverträge im Baugewerbe aus den Jahren 2008, 2010 und 2012 bis 2014 festgestellt wurde, war der Bestand der Sozialkassen ernsthaft in Frage gestellt. Gerade die Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) eines Tarifvertrages ist es jedoch, die die Tarifbindung aller unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber begründen kann - unabhängig davon, ob dieser Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist oder nicht. Infolge dieser BAG-Beschlüsse mussten sich die Sozialkassen im Baugewerbe deshalb auf eine Vielzahl von Beitragsrückforderungen insbesondere derer, die nur auf Grund der AVEen der SOKA-Bautarifverträge Beträge abgeführt haben, gefasst machen.
Eine Prozessflut und die u. U. sogar drohende Zahlungsunfähigkeit wegen hoher Rückforderungen bleibt den Sozialkassen nun jedoch erspart. Direkt nach Bekanntwerden der BAG-Entscheidungen haben die Fraktionen von CDU/CSU und von SPD einen Gesetzesentwurf zur Absicherung der Beitragspflicht ins Parlament eingebracht. „Der Name ist Programm“: Es handelt sich um das „Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz“ (SokaSiG). Dieses Gesetz ordnet nun kraft Gesetzes die Sozialkassentarifverträge, deren Allgemeinverbindlichkeit vom BAG gekippt worden war, sogar rückwirkend für alle – auch die nicht tarifgebundenen – Arbeitgeber als verbindlich an. Das SokaSiG schafft damit eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Sozialkassenverfahren im Baugewerbe rückwirkend bis 2006 – auch bezogen auf die bereits eingezogenen Beiträge – und gibt den Sozialkassen insoweit einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen dieser Beiträge. Die ergangenen BAG-Urteile haben deshalb keine praktische Bedeutung mehr. Das Gesetz wurde am 26.01.2017 vom Bundestag in dritter Lesung verabschiedet und hat auch bereits den Bundesrat am 10.02.2017 einspruchslos passiert; seine Verkündung im Bundesgesetzblatt steht nun unmittelbar bevor.
Was bedeutet das für betroffene Unternehmen?
Die Sozialkassen können ausstehende Beiträge auf Grundlage dieses Gesetzes wieder einziehen. Mit Inkrafttreten des SokaSiG sind nach derzeitiger Einschätzung Rückforderungsansprüche betroffener Unternehmen ausgeschlossen und eine Gegenwehr gegen die Zahlungsaufforderungen nicht erfolgsversprechend, auch wenn auf Grund der vorgesehenen Rückwirkung des Gesetzes verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht werden. Im Streitfall könnte dies nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Hat das neue Gesetz auch Konsequenzen für den von der Soka-Bau geforderten Mindestbeitrag Berufsausbildung auch für Solo-Selbständige?
Nein, nicht direkt. Sowohl die o.g. Urteile des BAG, als auch die durch das SokaSiG bewirkte rückwirkende Verbindlichkeit der Sozialkassentarifverträge seit 2006 beziehen sich nicht auf die Allgemeinverbindlichkeitserklärungen seit 2015. Auf Grund der durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz geänderten Gesetzeslage hinsichtlich der Anforderungen und Voraussetzungen einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist die streitbefangene Regelung ohnehin nicht von der Argumentation des BAG umfasst. Hinsichtlich des Mindestbeitrag Berufsausbildung, der von sehr vielen Betroffenen als unverhältnismäßig, intransparent und rechtswidrig angesehen wird, ist derzeit noch ein noch nicht terminiertes Verfahren beim BAG (unter dem Az.: 10 ABR 62/16) anhängig. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg als Vorinstanz hatte die Einführung des Mindestbeitrag zur Berufsbildung sowohl für Ein-Mann-Betriebe als auch bezüglich der Höhe (900 EUR/Jahr) als rechtmäßig angesehen. Derzeit ist es wahrscheinlich, dass das anhängige Beschwerdeverfahren vor dem BAG zu keinem anderen Ergebnis führen wird und der Mindestbeitrag mithin von allen Unternehmen, die unter den betrieblichen Geltungsbereich des Sozialkassentarifvertrages fallen, zu zahlen ist.
Die Gegenwehr gegen die derzeit wieder versendeten Zahlungsaufforderungen der Soka-Bau wird insofern zwecklos sein. Betroffenen, die auf „Nummer sicher“ gehen wollen, ist allenfalls zu einer Zahlung „unter Vorbehalt“ zu raten.
Zwischenzeitlich hatte die Soka-Bau auch eine Härtefallregelung eingeführt, die der diesbezüglichen Kritik weitgehend den Argumentationsspielraum nimmt. Betriebsinhaber mit besonders geringem Einkommen sind von der Ausbildungsabgabe der Soka-Bau befreit. Hierfür müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein:
- das zu versteuernde Einkommen des Inhabers darf den einkommensteuerlichen Grundfreibetrag nicht übersteigen (der Grundfreibetrag betrug 2015 – bei Zusammenveranlagung mit dem Ehegatten – 16.944 EUR; in 2016: 17.034 EUR ),
- es handelt sich um ein Einzelunternehmen,
- es ist ein (formloser) Antrag bei der Soka-Bau gestellt und
- der Soka-Bau wird eine Kopie des Einkommensteuerbescheides vorgelegt.
Die Härtefallregelung gilt auch rückwirkend für die Beiträge seit Einführung, d.h. also ab dem 01.04.2015.
Nähere Informationen dazu sind auch auf der Internetseite der SOKA-Bau unter folgendem Link zu finden: http://www.soka-bau.de/soka-bau_2011/desktop/de/Arbeitgeber/Beitraege/Solo-Selbststaendige/
RA'in Sabine Schönewald, 29.03.2017