Verkehrsbelastung: Handwerk in Köln-Bonn verliert jährlich 290 Mio. Euro durch Stau
Hochrechnung der Handwerkskammer: Die Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn verlieren jährlich 290 Millionen Euro, weil ihre Firmenfahrzeuge im Stau stehen
Verkehrsprobleme verschärfen sich, derzeit sind mehr Betriebe als noch im Jahr 2015 von Staus betroffen
Umfrage der Handwerkskammer: Knapp 80 Prozent der betrieblich genutzten Fahrzeuge haben einen Dieselmotor. Weltrich: Dieselfahrverbote wären eine "Katastrophe für das Handwerk"
Die sich verschärfenden Verkehrsprobleme belasten immer mehr Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn. Dass die Firmenfahrzeuge mehrmals täglich im Stau stehen, teilen in der neuen Umfrage der Handwerkskammer bereits 45 Prozent aller befragten Unternehmen mit, in der Umfrage vor zwei Jahren waren es 35 Prozent (2013: 23 Prozent).
"Immer mehr Handwerker stehen immer länger im Stau", fasst Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, die Ergebnisse der neuen Umfrage der Kammer zur Verkehrsbelastung in der Region Köln-Bonn zusammen. Bei dieser Umfrage, an der sich im März dieses Jahres rund 600 Handwerksunternehmen beteiligt hatten, wurden die Betriebe auch um eine Einschätzung gebeten, wie lange das Firmenfahrzeug täglich im Stau steht. Dass es bis zu 30 Minuten sind, teilten 66 Prozent der Betriebe (2015: 75 Prozent) mit. Der Anteil der Betriebe, die von einem täglichen Stillstand auf den Straßen in der Größenordnung von 30 bis 60 Minuten betroffen sind, hat sich innerhalb von zwei Jahren von 20 auf 26 Prozent erhöht.
Vor allem den in den Großstädten ansässigen Handwerksunternehmen machen die Verkehrsprobleme enorm zu schaffen. Dass die Firmenfahrzeuge mehrmals täglich im Stau stehen, berichten 60 Prozent der Kölner Handwerksbetriebe, 59 Prozent der Leverkusener und 55 Prozent der Bonner Betriebe. Das gilt auch für 42 Prozent der Handwerker aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis, nicht viel besser sieht es im Rhein-Erft-Kreis und im Rhein-Sieg-Kreis aus. Mit Abstand am komfortabelsten ist die Verkehrslage für die oberbergischen Handwerksbetriebe, nur 18 Prozent klagen darüber, mehrmals täglich im Stau zu stehen.
Die hohen Ein- und Auspendlerzahlen sowie die hohe Bevölkerungs- und Verkehrsdichte sind typisch für den Ballungsraum entlang der Rheinschiene, dementsprechend sind dort die Verkehrsprobleme erheblich ausgeprägter als in den anderen Teilen des Handwerkskammerbezirks. "Hinzu kommen die vielen Groß- und Dauerbaustellen, ob auf den Autobahnen, den innerörtlichen Straßen oder den Rheinbrücken", erläutert Weltrich. Die langjährige Forderung der Handwerkskammer, das Baustellenmanagement zu verbessern, werde nur schleppend umgesetzt. Immerhin gebe es einige hoffnungsvolle Ansätze, beispielsweise der von der Stadt Köln eingesetzte Koordinator und die Verkehrskonferenz der Bezirksregierung.
Die Handwerkskammer hatte die Unternehmen auch um eine Schätzung der Kosten gebeten, die ihnen innerhalb eines Jahres von den Staus verursacht werden. Diese Antworten hat die Kammer auf alle Mitgliedsbetriebe hochgerechnet (und dabei berücksichtigt, dass für einen beachtlichen Teil der Firmen wie beispielsweise Friseursalons und andere Unternehmen mit Ladenlokal Verkehrsprobleme nicht ins Gewicht fallen). Laut der neuen Hochrechnung entsteht im Handwerk der Region Köln-Bonn ein Gesamtschaden von jährlich 290 Millionen Euro, 2015 waren es 240 Millionen Euro. Dass sich die Wegezeiten verlängern und Arbeitszeit wegen des Stillstands auf den Straßen verloren geht, spüren vor allem die Unternehmen im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe. Auf das Ausbaugewerbe entfallen 50 Prozent und auf das Bauhauptgewerbe 30 Prozent des von der Handwerkskammer geschätzten Gesamtschadens.
Die durchschnittlichen Staukosten pro Betrieb belaufen sich inzwischen auf 19.000 Euro, 2015 waren es knapp 15.000 Euro, 2013 etwas mehr als 9.000 Euro. Erheblich stärker sind die im Kölner Stadtgebiet ansässigen Handwerksunternehmen belastet: Die jährlichen Staukosten haben sich seit 2013 fast verdreifacht, auf inzwischen 28.000 Euro.
Dass sie am häufigsten auf den Autobahnen in der Region im Stau stehen, teilten fast 47 Prozent der befragten Betriebe mit. Für 35 Prozent sind es eher die innerörtlichen Straßen, die das Fortkommen der Firmenfahrzeuge abbremsen. Entgegen diesem Trend fühlen sich Leverkusener Betriebe deutlich öfter von Staus auf innerörtlichen Straßen als auf Autobahnen betroffen.
Anlässlich der aktuellen Umfrage zur Verkehrsbelastung wurden die Handwerksunternehmen auch um Mitteilung zu ihrer Ausstattung mit betrieblich genutzten Pkws, Kleintransportern und Lkws gebeten. Lkws werden regelmäßig nur in den Unternehmen des Bauhauptgewerbes eingesetzt, in allen anderen Handwerksgruppen ist dieser Fahrzeugtyp von untergeordneter Bedeutung (beispielsweise ermittelte die Umfrage der Kammer, dass es in den Ausbaubranchen und im Handwerk für gewerblichen Bedarf im Durchschnitt nur in jedem fünften Betrieb einen Lkw gibt).
Insofern ist der Fuhrpark des klassischen Handwerksunternehmens von betrieblich genutzten Pkws und leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht geprägt. 78 Prozent dieser von den Unternehmen im Kammerbezirk Köln eingesetzten Fahrzeuge haben einen Dieselmotor, nur 20 Prozent einen Benzinmotor. Von Maßnahmen zur Luftreinhaltung, die Dieselfahrverbote oder andere verkehrsbeschränkende Maßnahmen beinhalten, wäre das Handwerk besonders stark betroffen. Im Zuge der Etablierung von Umweltzonen haben Handwerksunternehmen in den vergangenen Jahren "Fahrzeuge mit teuren Partikelfiltern nachgerüstet und neue Diesel-Nutzfahrzeuge mit grüner Plakette angeschafft - bei Dieselfahrverboten wären diese Fahrzeuge für unsere Betriebe schlagartig wertlos", weist Weltrich auf die erheblichen finanziellen Verluste hin, die dem Handwerk bei Umsetzung der derzeit diskutierten Verkehrseinschränkungen drohen.
Der Hauptgeschäftsführer der Kammer zeigt sich vor allem über die Anweisung des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums verärgert, das die wegen nicht eingehaltener Stickstoffdioxidgrenzwerte von der deutschen Umwelthilfe verklagten Kommunen dazu verpflichten will, vorsorglich ein Dieselfahrverbot in die Luftreinhaltepläne aufzunehmen. "Es ist unlauter, dass der Umweltminister unmittelbar vor der Landtagswahl noch eine derartige Anweisung an die Bezirksregierungen erlassen hat. Durch derartiges Verwaltungshandeln werden Wirtschaft und Bürger zusätzlich verunsichert", kritisiert Weltrich. Zuerst müsse die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abgewartet werden.