Vorfahrt VernunftVerkehrsversuch auf der Bonner Adenauerallee fällt bei Wirtschaft durch
Daten-Auswertung belegt verlängerte Fahrzeiten / Umfrage: Ansässige Unternehmen kritisieren Auswirkungen
Die Fahrzeiten für den motorisierten Verkehr haben sich während des Verkehrsversuchs auf der Adenauerallee insbesondere zu Spitzenverkehrszeiten deutlich verlängert. Das belegen Verkehrsdaten, die die Initiative Vorfahrt-Vernunft in Kooperation mit dem ADAC Nordrhein ausgewertet hat. Zudem zeigt eine gemeinsame Umfrage von Handwerkskammer zu Köln und Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, dass die Mehrheit der ansässigen Unternehmen mit den Auswirkungen des Verkehrsversuchs auf der Adenauerallee sehr unzufrieden ist. Die in der Initiative Vorfahrt-Vernunft aktiven Wirtschaftsorganisationen fordern deshalb ein angepasstes Konzept für diese wichtige Verkehrsachse.
"Die Adenauerallee ist nicht irgendeine Straße, sondern eine Bundesstraße und zentrale Verkehrsachse für Bonn und die Erreichbarkeit der Innenstadt", sagt IHK-Präsident Stefan Hagen. "Wir waren vor dem Start des Versuchs skeptisch und sehen uns darin durch diese Daten, aber auch durch die vielen persönlichen Rückmeldungen und Eindrücke aus den vergangenen Monaten bestätigt. Das getestete Konzept hat sich nicht bewährt und darf jetzt nicht zur Dauerbelastung für die betroffenen Unternehmen werden. Wir müssen gemeinsam einen Kompromiss für die Adenauerallee finden, der die Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs angemessen berücksichtigt."
Auswertung: In der Spitze nahezu doppelte Fahrtzeit
In Kooperation mit dem ADAC Nordrhein hat Vorfahrt-Vernunft von März bis Mai 2024 Verkehrsdaten (Floating-Car-Daten) auswerten lassen. "Mit der Bereitstellung der Daten möchten wir zu einer Versachlichung der Diskussionen rund um den Verkehrsversuch beitragen", sagt Prof. Dr. Roman Suthold, Fachbereichsleiter Verkehr und Umwelt des ADAC Nordrhein.
Die Datenanalyse zeigt: In Süd-Nord-Richtung hat sich die Fahrzeit auf der Adenauerallee zur Spitzenzeit gegen 18 Uhr nahezu verdoppelt. Im Durchschnitt hat die Fahrzeit zwischen Bundeskanzlerplatz und Koblenzer Tor laut der Auswertung in den Hauptverkehrszeiten (7 bis 10 Uhr und 15 bis 18 Uhr) im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zugenommen. In der umgekehrten Fahrtrichtung (Nord-Süd) benötigen Pkw und Lkw zu den Hauptverkehrszeiten durchschnittlich knapp 40 Prozent mehr Zeit, in der Spitze (rund um 9 Uhr) mehr als 50 Prozent.
Tragbare Lösung für alle gesucht
"Natürlich brauchen wir eine bessere Radinfrastruktur in den Städten. Eine gute Erreichbarkeit der Innenstädte muss aber für notwendige Kfz-Verkehre auch in Zukunft erhalten bleiben. Es sollte eine für alle tragbare Lösung gefunden werden", sagt ADAC-Experte Suthold.
An der Befragung von IHK und HWK haben sich im Mai knapp 200 Mitgliedsbetriebe der beiden Wirtschaftsorganisationen beteiligt, die an der Adenauerallee oder in ihrem Einzugsbereich ansässig sind. 60 Prozent der Unternehmen geben dem Verkehrsversuch die Noten "mangelhaft" oder "ungenügend".
Handwerksbetriebe wissen nicht mehr, wo sie halten können
"Seit Beginn des Verkehrsversuchs ist das Laden und Liefern auf der Adenauerallee deutlich schwieriger geworden", sagt Thomas Radermacher, Kreishandwerksmeister und Mitglied des Vorstands der HWK. "Es gibt zu wenige Halte- und Parkmöglichkeiten. Mit dem Fahrradweg fällt eine Spur weg, sodass Handwerksbetriebe häufig gar nicht wissen, wo sie halten können. Wie das erst funktionieren soll, wenn die Fahrradspur auch noch wie von der Stadt geplant mit einer Barriere abgegrenzt werden sollte, ist mir ein Rätsel."
Dementsprechend sind laut der Umfrage viele ansässige Unternehmen sehr unzufrieden mit der Erreichbarkeit ihres Betriebes für Pkw und Lkw. Insgesamt spricht sich nur ein Viertel der befragten Unternehmen dafür aus, die im Verkehrsversuch erprobte Straßenaufteilung beizubehalten. Mehr als 70 Prozent lehnen das ab. Davon wiederum wünscht die eine Hälfte, also 36,5 Prozent der Unternehmen, eine Rückkehr zum Zustand vor dem Verkehrsversuch. Die andere Hälfte spricht sich dafür aus, den Radverkehr komplett auf Rheinufer und Kaiserstraße zu verlagern und auch den Schutzstreifen für Radfahrende, der vor dem Versuch auf der Adenauerallee markiert war, zu entfernen.
Vorfahrt-Vernunft wirbt für Kompromiss
Mit Blick auf Datenauswertung und Umfrage wirbt die Initiative Vorfahrt-Vernunft dafür, einen Kompromiss für die wichtige Verkehrsachse zu suchen. "Im Rahmen der Umfrage haben viele Unternehmen selbst Vorschläge zur Straßenaufteilung eingebracht und auch die Wirtschaftsorganisationen haben Ideen, über die wir mit den zuständigen Stellen sprechen möchten, zum Beispiel ein Kfz-Vorrangroutennetz", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Hille. "Wir benötigen dringend ein ausgewogenes und auf die gesamte Region Bonn/Rhein-Sieg abgestimmtes Verkehrskonzept. Die bisherigen Diskussionen über einzelne Verkehrsprojekte waren und sind immer nur Stückwerk und werden den komplexen Fragestellungen an Mobilität nicht gerecht."
Vorfahrt-Vernunft ist eine Initiative der Wirtschaftsorganisationen Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg, Handwerkskammer zu Köln, Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, Einzelhandelsverband Bonn Rhein-Sieg Euskirchen und city-marketing Bonn. Das Bündnis setzt sich dafür ein, dass Wirtschaftsverkehre in der Region Bonn/Rhein-Sieg möglichst schnell und effizient fließen können und eine gute Erreichbarkeit von Geschäften, Kunden, Gewerbestandorten und Büros gewährleistet bleibt. Mehr erfahren Sie unter ► www.vorfahrt-vernunft.de...
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