Wem gehört das Trinkgeld?
In vielen Branchen wie u.a. auch im Handwerk, ist es üblich, den Angestellten ein Trinkgeld zu zahlen. Immer wieder wird in der Praxis die Frage gestellt, wem dieses Trinkgeld denn gehört - dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber, in dessen unternehmerischen Verantwortungsbereich die Leistung fällt, für die der Kunde ein Trinkgeld gibt. Darüber hinaus sind einige Arbeitgeber bestrebt, sämtlich gezahlte Trinkgelder einzusammeln, um sie dann unter der gesamten Belegschaft aufzuteilen. Seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns versuchen zudem Arbeitgeber immer wieder, das Trinkgeld auf den (Mindest-)lohn anzurechnen und verlangen deshalb weitergehende Rechenschaft ihrer Mitarbeiter auch über die Höhe der eingenommenen Gelder.
In der Rechtsprechung sind einige Frage im Zusammenhang mit Trinkgeldern bereits geklärt worden. Danach gehört das Trinkgeld demjenigen, dem es zugewendet wird, mithin also dem Arbeitnehmer. Dies wird aus der Definition des „Trinkgeldes“ in § 107 III GewO abgeleitet, nach der Trinkgeld ein Geldbetrag ist, den ein Dritter ohne rechtliche Verpflichtung dem Arbeitnehmer zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung als besondere Honorierung zahlt (so z.B. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 9.2.2010 - 10 Sa 483/10). Ein derart freiwilliges und direkt an den Arbeitnehmer ausgezahltes Trinkgeld ist für den Arbeitnehmer seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern sogar ohne betragsmäßige Begrenzung steuerfrei. Anders verhält es sich lediglich mit gezahlten Zuschlägen, wie z.B. sog. ausdrücklich ausgewiesene Bedienzuschläge in der Gastronomie, die der Kunde nicht rein freiwillig zahlt. Weil hierauf ein Rechtsanspruch besteht; handelt es sich um steuerpflichtige Leistungen, die bei der Abrechnung entsprechend zu berücksichtigen sind.
Ein Arbeitsgeber darf auch nicht einseitig festlegen, dass die Trinkgelder in eine Gemeinschaftskasse eingezahlt werden, aus der dann alle Angestellten einen Teil erhalten. Trinkgeld geht als "Geschenk" des Gastes in der Regel unmittelbar in das Eigentum des Arbeitnehmers über, auf das der Arbeitgeber nach Ansicht der Gerichte keinen Anspruch hat.
Auch der teilweise zu beobachtenden Praxis, das Trinkgeld auf den Mindestlohn anzurechnen, ist eine Absage zu erteilen. Trinkgeld ist kein allgemeiner Lohnbestandteil, auf den ein Anspruch besteht. Es handelt sich vielmehr um eine freiwillige Leistung, die nicht auf den Mindestlohn anrechenbar ist.
RA'in Sabine Schönewald, 25.02.2016