Ratgeber AusbildungsrechtZugang der Abmahnungs- / Kündigungserklärung

Warum ist der Zugang des Abmahnungs- bzw. Kündigungsschreibens wichtig?

Weil Abmahnung und Kündigung erst wirksam werden, wenn sie dem Auszubildenden (bzw. beim minderjährigen Auszubildenden dem gesetzlichen Vertreter (= i. d. R. den Eltern) zugehen.



Wann ist der Zugang bewirkt?

  • Entweder direkt bei Aushändigung des Schreibens an den volljährigen Empfänger
     
  • oder bei Einwurf in den Briefkasten, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Empfänger gewöhnlicherweise mit Posteingang rechnen muss.

Beispiel:

Frist für Kündigung innerhalb der Probezeit endet am 30.11 . Das Kündigungsschreiben wird am 30.11. um 19 Uhr in den Briefkasten eingeworfen.

Zugang der Kündigung erfolgt dennoch erst am nächsten Morgen, d.h. am 01.12., da der Empfänger um 19 Uhr nicht mehr mit Posteingang rechnen muss.

Die Kündigung wäre damit mangels rechtzeitigen Zugangs unwirksam.



Wie kann man den Zugang des Abmahnungs- bzw. Kündigungsschreibens beweisen?



Durch Empfangsquittung des Auszubildenden

Am einfachsten lässt sich der Zugang dadurch beweisen, dass man das Abmahnungs- bzw. Kündigungsschreiben dem volljährigen Auszubildenden im Betrieb aushändigt und den Erhalt auf einer Kopie des Schreibens quittieren lässt.

Formulierungsbeispiel: Ich habe dieses Schreiben am (Datum, Uhrzeit) erhalten. Unterschrift des volljährigen Auszubildenden

Achtung: Beim minderjährigen Auszubildenden kommt diese Form nicht in Betracht, da hier das Abmahnungs- / Kündigungsschreiben dem gesetzlichen Vertreter (Eltern) zugehen muss, so dass eine Empfangsquittung des Auszubildenden hier nicht ausreicht.

Durch Zustellung per Boten

Der Einwurf in den Briefkasten des Auszubildenden per Boten ist eine sichere Form, um den Zugang einer Willenserklärung unter Beweis zu stellen.

Folgendes sollte bei dieser Art der Zustellung beachtet werden:

Zunächst sollte der Bote, eine vertrauliche dritte Person, von dem Inhalt des Schriftstückes Kenntnis nehmen und dieses sodann in einen Briefumschlag eintüten. Er sollte den Einwurf in den Briefkasten durch ein Foto mit eingeblendetem Datum und Uhrzeit beweissicher dokumentieren.

Achtung:

  • Bei minderjährigen Auszubildenden muss das Schreiben in den Briefkasten des gesetzlichen Vertreters (Eltern) eingeworfen werden!
  • Der Betriebsinhaber, der das Abmahnungs- bzw. Kündigungsschreiben unterschrieben hat, sollte das Schreiben keinesfalls selbst einwerfen, da er in einem Kündigungsschutzprozess bei einer Beweisaufnahme nicht als Zeuge, sondern lediglich als Partei aussagen könnte.

Kein Zugang durch normales Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein

Nicht ausreichend ist die Zustellung per Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein, da der Postbote hier nicht das Schreiben selbst, sondern nur den Benachrichtigungszettel einwirft. Der Zugang erfolgt aber erst bei Abholung des Schreibens bei der Post und damit eventuell zu spät.

Beispiel: Kündigungsfrist endet am 15.01. Postbote trifft am 12.01 niemanden an und hinterlässt daher einen Benachrichtigungszettel. Empfänger holt das Schreiben erst am 16.01 - also erst nach Ablauf der Kündigungsfrist - bei der Post ab. Die Kündigung wäre daher mangels rechtzeitigen Zugangs unwirksam.



Einwurfeinschreiben?

Ob der Zugang durch ein Einwurfeinschreiben bewiesen werden kann, wird von der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt. Daher sollte auf diesen Zustellungsweg verzichtet werden.