Ratgeber AusbildungsrechtKündigung
Wann kann in der Probezeit gekündigt werden?
Während der Probezeit kann jede Vertragspartei den Ausbildungsvertrag jederzeit ohne Angaben von Gründen fristlos kündigen (§ 22 Abs. 1 BBiG). Die Kündigung einer Schwangeren ist auch während der Probezeit grds. nicht möglich, dass Kündigungsverbot des § 9 MuSchG ist umfassend.
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Vertragspartner vor Ablauf der Probezeit zugegangen sein.
Beispiel:
Die Probezeit endet am 30.09.xx um 24 Uhr. Die Kündigung muss daher spätestens am 30.09.xx zu der Zeit im Briefkasten liegen, um die der Empfänger normalerweise mit Posteingang rechnen muss (d.h. bis 12 Uhr).
Wann kann nach Ablauf der Probezeit gekündigt werden?
Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur fristlos und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG), da die Erfüllung der Berufsausbildungsaufgabe eine besonders starke Bindung der Vertragsparteien verlangt.
Eine ordentliche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ist nicht möglich, sie kann auch nicht wirksam vertraglich vereinbart werden.
Ein wichtiger Grund der zur fristlosen Kündigung berechtigt, ist gegeben, wenn dem Kündigenden:
- die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zum Ablauf der Ausbildungszeit
- unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles
- und unter Abwägung des Interesses beider Vertragsparteien
nicht länger zuzumuten ist.
Wichtige Gründe einer Kündigung - wobei es jeweils auf den konkreten Einzelfall ankommt - können z.B. sein:
Betriebsbedingte Gründe
Der Betrieb kann aus folgendem Grund betrieblich kündigen:
- Stilllegung der Ausbildungsstätte
- Betriebsstilllegng
Hinweis:
Ein Insolvenzantrag reicht nicht! Im Insolvenzfall kann die Kündigung nur vom Insolvenzvermittler ausgesprochen werden.
Der Auszubildende kann aus folgenden Gründen betrieblich kündigen:
- Betriebsübergang
- Verlegung der Ausbildungsstätte an einen anderen, weit entfernten Ort
Verhaltensbedingte Kündigung
Fortgesetztes vertragswidriges Verhalten des Auszubildenden trotz vorheriger Abmahnung
- Wiederholtes Zuspätkommen und unentschuldigtes Fehlen in Betrieb, Berufsschule oder überbetrieblicher Ausbildung
- Während der Ausbildungszeit begangene Straftat
- Ernstzunehmende Gewaltandrohung gegenüber Vorgesetztem / Mitauszubildende
- Massive rassistische Beleidigungen von Mitauszubildenden
- Mangelnde Bereitschaft zur Eingliederung in die betriebliche Ordnung
- Eigenmächtiger Urlaubsantritt
- Wiederholt verspätete Vorlage der Berichtshefte
- Unterlassung der Nachuntersuchung nach§33 JArbSchG
Fortgesetztes vertragswidriges Verhalten des Ausbildungsbetriebes trotz Abmahnung
- mangelhafte Ausbildung (= unzureichende Vermittlung der Ausbildungsinhalte)
- Fehlende Ausbildungsberechtigung
- Erhebliche Verstöße gegen das JArbSchG
- Beleidigungen, Schläge, sexuelle Übergriffe
- Mobbing
- Wiederholt verspätete Zahlung der Ausbildungsvergütung
- Wiederholte Nichtfreistellung zur Berufsschule / überbetriebliche Ausbildung
- Wiederholt unerlaubte Überstunden
Je länger das Ausbildungsverhältnis besteht, umso strengere Anforderungen stellen die Schiedsstellen bzw. Arbeitsgerichte an das Vorliegen des wichtigen Grundes.
Ungeschriebener Grundsatz im Ausbildungsrecht:
Je näher die Gesellenprüfung rückt, desto höher werden die Anforderungen an den Kündigungsgrund.
Kündigung ohne vorausgegangene Abmahnung?
Vor Ausspruch einer Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens muss der Auszubildende oder der Betrieb in der Regel wiederholt abgemahnt werden. Nur bei schweren Vertrauensverstößen eine Kündigung direkt ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden. Bei betriebsbedingten Kündigungen (z. B. wegen Betriebsaufgabe) ist eine Abmahnung nicht erforderlich.
Welche Form muss die Kündigung haben?
Die Kündigung muss schriftlich und unter Angabe des wichtigen Kündigungsgrundes erfolgen ( § 22 Abs. 3 BBiG). Eine fehlende Begründung kann nicht nachgeschoben werden.
Der wichtige Grund, auf den sich die Kündigung stützt, muss so genau bezeichnet werden, dass der Empfänger eindeutig erkennen kann, um welche konkreten Vorfälle es sich handelt.
Erforderlich sind hierbei Angaben über Zeit (Datum, Uhrzeit), Ort und Art des Vertragsverstoßes.
Beispiel:
"Obwohl Sie bereits am 10.10.20 xx und 11.12.20xx wegen unentschuldigter Fehltage in der Berufsschule abgemahnt worden sind, fehlten sie am 15.03.20xx erneut unentschuldigt in der Berufsschule."
Schlagwortartige Hinweise wie "Störung des Betriebsfriedens", "untragbares Verhalten" oder "Häufiges Zuspätkommen" genügen nicht.
Wird die Schriftform nicht gewahrt oder werden die Kündigungsgründe nicht oder nur unzureichend angegeben, ist die Kündigung nichtig. Eine Nachbesserung oder Nachreichung der Kündigungsgründe ist nicht zulässig.
Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Die Gründe für die Kündigung sind dem Betriebsrat mitzuteilen. ( § 102 BetrVG)
Wann muss die Kündigung dem Empfänger spätestens zugegangen sein?
Entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von dem Ereignis erfährt, das ihn zur Kündigung veranlasst. Von da an hat er maximal zwei Wochen Zeit, um dem Kündigungsempfänger die Kündigung zugehen zu lassen ( § 22 Abs. 4 BBiG).
Geht die Kündigung nach Ablauf der Zweiwochenfrist ab Kenntnis zu, ist sie unwirksam.
Beispiel:
A, der bereits wiederholt wegen unentschuldigter Fehlzeiten abgemahnt worden ist, fehlt am 01. März erneut unentschuldigt. Der Betrieb erhält hiervon erst am 04. März Kenntnis.
Die Kündigung muss A daher spätestens am 18. März (= 04. März + 14 Tage) zugehen.
Die Kündigung wird erst mit dem Zugang der Kündigungserklärung beim Kündigungsempfänger wirksam.
Die Kündigungserklärung geht dem Empfänger zu, wenn sie
- in seinen Machtbereich gelangt, so dass dieser unter normalen Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann.
Dies ist der Fall,
- bei Aushändigung des Schreibens an den Volljährigen Empfänger
- bei Einwurf in den Briefkasten zu den üblichen Postzustellzeiten
Kann der Auszubildende kündigen, wenn er die Ausbildung aufgeben will?
Nach der Probezeit kann der Auszubildende das Ausbildungsverhältnis gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG mit einer Frist von 4 Wochen kündigen, wenn er
- die Berufsausbildung insgesamt aufgeben
- oder eine Ausbildung in einem anderen Beruf absolvieren will.
Auch diese Kündigung muss schriftlich und unter Angabe des besonderen Kündigungsgrundes (Berufsaufgabe bzw. -wechsel) erfolgen ( § 22 Abs. 3 BBiG).
Will ein Auszubildender dagegen denselben Beruf weiterlernen und lediglich den Betrieb wechseln, besteht diese besondere Kündigungsmöglichkeit nicht. Hat der Auszubildende den besonderen Kündigungsgrund der Berufsaufgabe bzw. des Berufswechsels nur vorgeschoben, um die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen zu können, kann der alte Ausbildungsbetrieb von ihm Schadensersatz fordern ( § 23 Abs. 1 BBiG).
Muss der Ausbildungsbetrieb der Kammer die Kündigung mitteilen?
Ja, die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses ist eine wesentliche Änderung des Inhaltes des Berufsausbildungsvertrages, die der Kammer vom Ausbildungsbetrieb gem. § 30 HwO [EM1] / § 36 Abs. 1 BBiG in jedem Fall - egal, ob der Betrieb oder der Auszubildende gekündigt hat - sofort mitgeteilt werden muss. Nutzen Sie hierzu das Mitteilungsformular.
Solange Sie Ihren Auszubildenden nicht bei der Kammer abgemeldet haben, gilt er weiter als Ihr Auszubildender, so dass Sie auch die diesbezüglichen Kosten (Prüfung, überbetriebliche Ausbildung) weiter tragen müssen.
Was muss der Kündigungsempfänger tun, wenn er gegen die Kündigung rechtlich vorgehen will?
Will der Kündigungsempfänger gegen die Kündigung vorgehen, muss er den Lehrlingsschiedsausschuss anrufen § 111 Abs.2 ArbschG. Für die Anrufung des Ausschusses besteht keine gesetzliche Frist. Für die Anrufung des Ausschusses gilt nach der hiesigen Verfahrensordnung der Handwerkskammer zu Köln zur Schlichtung von Lehrlingsstreitigkeiten eine Frist von 5 Wochen ab Zugang der Kündigung. Eine unangemessen späte Anrufung kann aber zur Verwirkung des Anrufungsrechtes führen.
Dies ist aber immer Frage des Einzelfalls.
Welche Sonderregeln gelten für die Kündigung von Schwangeren und Jugendlichen?
Die Kündigung einer Schwangeren ist nur zulässig ( § 9 MuSchG) in besonderen Ausnahmefällen und mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde
Bezirksregierung Köln
Dezernat 56
Zeughausstr. 2- 10
50667 Köln
Tel: 0221/147-2133 / -4735
Kündigung und Abmahnung eines Jugendlichen werden nur wirksam, wenn sie dem gesetzlichen Vertreter zugehen. Will der Jugendliche seinerseits kündigen, muss der gesetzliche Vertreter die Kündigung erklären.
Fortgesetztes vertragswidriges Verhalten des Auszubildenden trotz Abmahnung